Wien - Star ist: wenn der Fan Kartenpreise von 114 Euro aufwärts in Kauf nimmt, um den Angebeteten acht Lieder singen zu hören (Preis des Programmhefts: 8 Euro 50). Star ist: wenn der Fan an der Digitalkamera herumnestelt, während der Star singt - das Festhalten des Gesehenen ist dem Gehörten an Wertigkeit fast überlegen.

Vor wenigen Jahren ist Rolando Villazón, der Latin Lover und Lustikus, in das Sternenzelt der Klassik-Branche geschossen, nach Burnout und Stimmbandoperation müht sich der sympathische Mexikaner, den Glanz von Karriere und Kehle zu erhalten. Er hält mit seinen Kräften haus, singt seinen Nemorino hier (in Wien) und dort (in Berlin), wagt zwischendurch einen Hoffmann (in München, letzten November); im Mai singt der 39-Jährige in Zürich, im Sommer in Salzburg den Alessandro in Mozarts Il re pastore.

Oper light bietet Villazón in seinem Programm "Schätze des Belcanto", welches er mit dem harmlosen, in Berlin ansässigen Nuevo Mundo Chamber Orchestra und Dirigent Guerassim Voronkov in fünf europäischen Städten präsentiert. Acht hierfür für Orchester arrangierte, äußerst ariennahe Lieder der Herren Bellini, Donizetti, Rossini und Verdi. Ganz in Schwarz, hält Villazón seinen warm timbrierten Tenor bei der Interpretation der leidprallen Gesangsstücke wachsam im dynamischen Schutzgebiet des Forte - Ausritte in den Fortissimo-Bereich sind nicht erlaubt, das Land des Leisen verbietet sich aufgrund der Technik des ständigen Attackierens von selbst.

Zum Schluss ist nach der Lieder Leid auch Lustigkeit erlaubt. Die Geschenkannahme wird zur Slapstickeinlage, und bei der dritten, der Rossini-Zugabe gibt Villazón dem virtuosen Spaßmacher in sich Auslauf. Endlich Standing Ovations, endlich Weltklasse. (Stefan Ender, DER STANDARD, 12.4.2012)