Bregenz - Aus Sicht der Medizin könne man beim Ärztemangel in Vorarlberg von "einem langsam sich chronifizierenden Zustandsbild" sprechen, diagnostizierte SP-Gesundheitssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger. Der Diagnose folgte ein Therapievorschlag in der Aktuellen Stunde des Landtags: Man müsse den Mangel an Spitalsärzten (fünf Prozent der 456 Dienstposten sind aktuell unbesetzt) an der Wurzel bekämpfen, nämlich an den Universitäten.

Noch vor wenigen Jahren gab es für Turnusärzte Wartelisten, heute sind sieben Stellen vakant, schilderte Sprickler-Falschlunger die Situation an den Krankenhäusern. Für Studentinnen und Studenten aus Vorarlberg müsse die Rückkehr ins Land trotz lockender Angebote an Unikliniken wieder attraktiv werden. Nach dem Motto "die Besten für Vorarlberg" sollten Studierende nach erfolgreich beendetem zweiten Studienabschnitt vom Land Vorarlberg monatlich 800 Euro an Unterstützung bekommen. Als Gegenleistung müssten sie sich nach dem Studium zur Arbeit in einem Vorarlberger Krankenhaus verpflichten.

Da man, herausgefordert durch Ärzteproteste und Studien der Ärztekammer, auch in der Volkspartei die Problematik nicht mehr ignorieren kann, versprach Gesundheitssprecher Christoph Winder generös, seine Fraktion werde den Antrag behandeln. Und ließ aufhorchen: Der Arbeitsplatz Krankenhaus müsse attraktiver werden, vor allem für Frauen, die 60 Prozent der Medizinstudenten ausmachten. Kinderbetreuung und Teilzeitarbeit nannte Winder als Lösungsansätze. Landesrat Rainer Gögele (ÖVP) sprach von einer "angespannten Situation", konstruktive Vorschläge der Opposition seien willkommen. Veränderungen brauchten jedoch ihre Zeit, bat er um Geduld. Und einiges, wie die Gehaltsreform, eine vergleichende Studie zur Situation der Ärzte im Dreiländereck sei schließlich in Arbeit.

Eine Frage des Systems

Systemkritik von Katharina Wiesflecker (Grüne) wollte sich Gögele nicht stellen. Die Frage der Spitalsdichte, "fünf Krankenhäuser auf 50 Kilometer", von Hubert Kinz (FPÖ) aufgeworfen, wurde ebenso ignoriert wie jene von Wiesflecker, ob denn jedes der kleinen Häuser eine Interne Abteilung brauche und das LKH Feldkirch 90 Spezialambulanzen. Wiesflecker kritisierte Bauprojekte, statt in die Hardware sollte in die Software, das Personal, investiert werden. Bei der Bezahlung sollte man vom aufwendigen Zulagensystem auf ein attraktives Grundgehaltssystem wie in den Nachbarländern, in die Ärztinnen und Ärzte abwandern, umsteigen.

Ausgeblendet werde, kritisierte Wiesflecker, dass seit Jahren der Leistungsdruck am Arbeitsplatz Krankenhaus steige: "Kürzere Belegszeiten, mehr Durchlauf, höhere Frequenzen, mehr Leistungspunkte - das hat seinen Preis, nämlich enormen Druck auf Ärzteschaft und Pflege." (jub, DER STANDARD, 12.4.2012)