Wien - Nicht nur die Zahl der StudentInnen wird in Österreich in den kommenden Jahren weiter wachsen, auch jene der Studienabschlüsse nimmt - wenn auch langsamer - zu. Wie der Hochschulprognose der Statistik Austria zu entnehmen ist, steigt die Zahl der Abschlüsse bis 2017/18 von aktuell 45.000 auf 52.000 an und stagniert bis 2029/30 bei jährlich rund 53.000. Die Zunahme führen die Statistiker auf den "starken Anstieg der erfolgreich abgeschlossenen Bachelor- und Masterstudien" zurück. Während bereits jeder zweite männliche Bachelor-Absolvent auch einen Master-Abschluss erlangt, folgt jedoch bei den Studentinnen nur auf jeden dritten Bachelor-Abschluss ein weiterführender Master-Titel.

So beträgt der Frauenanteil an den Abschlüssen zwar innerhalb dieser 20 Jahre stets zwischen 54 und 55 Prozent und liegt damit höher als an der Gesamtzahl der StudentInnen - das ist aber vor allem auf ihre Überpräsenz bei Erstabschlüssen, also Titeln nach Bachelor- oder Diplomstudien, zurückzuführen. Studentinnen erlangen über den gesamten Prognosezeitraum hinweg mindestens 35 Prozent mehr Erstabschlüsse als ihre männlichen Kollegen. Während Männer nach zuletzt 13.800 (2009/10) bis 2029/30 etwa 15.300 Erstabschlüsse jährlich erreichen werden, übertreffen Frauen diese Werte stets um 5.100 bis 5.600 Abschlüsse.

Anderes bei Folgestudien

Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich bei den Folgestudien: Bis 2019/20 wird sich der Vorsprung männlicher Studierender allein im Master-Bereich von aktuell rund 300 Mehr-Abschlüssen gegenüber Frauen auf etwa 570 ausweiten. Laut StatistikerInnen lässt sich das geringfügig durch das Bachelor-Studium an Pädagogischen Hochschulen (PH) erklären, "das überwiegend von Frauen absolviert wird und dem üblicherweise kein Folgestudium angeschlossen wird". Das könnte sich in Zukunft ändern, forciert Unterrichtsministerin Claudia Schmied doch die Master-Ausbildung für Lehramtsstudien. Bei Doktoratsstudien wird sich der Männerüberhang von derzeit mehr als 300 (2008/09) auf etwa 200 Doktorate einpendeln.

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) kritisiert jedenfalls die "leaky pipeline" und damit das Abnehmen des Frauenanteils pro Karrierestufe, das "seine Wurzeln also schon in der Phase der Bildung" hat. Zugangsbeschränkungen bei Übertritten von Bachelor zu Master oder Master zu Doktorat würden insbesondere Frauen benachteiligen, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle solle seinen Hochschulplan daher auf "gleichstellungspolitische Fragen prüfen", so die ÖH am Donnerstag.

Beliebte Geisteswissenschaften

Früchte getragen haben scheinbar auch noch nicht die Initiativen der jüngeren Vergangenheit von Politik und Wirtschaft, verstärkt junge Mädchen und Frauen für naturwissenschaftliche und technische Fächer zu begeistern. Wie die Hochschulprognose weiter zeigt, nehmen die Erstabschlüsse in MINT-Studien (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) bis 2029/30 zwar "nennenswert" zu. Der Bereich bleibt aber eine Männerdomäne: Mit Ausnahme der Biowissenschaften liegt der Frauenanteil in keinem der Fächer über 40 Prozent, in Informatik sowie Ingenieurwesen und Ausbildungen für technische Berufe bleibt der Anteil sogar unter 20 Prozent. Besonders beliebt unter Studentinnen sind stattdessen die Bildungsfelder Lehrerausbildung und Erziehungswissenschaft, Geisteswissenschaften, Biowissenschaften sowie Gesundheits- und Sozialwesen. Hier liegt der Anteil jeweils über 70 Prozent. (APA, 12.4.2012)