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Die Schweiz und Österreich rücken ein bisschen zusammen: Die Österreicher wollen Geld für ihr Budget, den Schweizern geht es um den guten Ruf.

Foto: APA/Lehmann

Wien - Nach der Einigung auf das Schwarzgeld-Steuerabkommen mit der Schweiz hagelte es am Donnerstag heftige Kritik. Für die FPÖ ist der Deal ein "Ablasshandel für kriminelle Steuerhinterzieher", Grüne und BZÖ orten einen "Schlag ins Gesicht" bzw. ein "fatales Signal" für ehrliche Steuerzahler. Auch die Tiroler Arbeiterkammer sprach von einem "Persilschein für Steuerbetrug in großem Stil" und die Nichtregierungsorganisation Attac sieht Steuerflüchtlinge belohnt. ÖGB-Präsident Erich Foglar bezeichnete die Einigung hingegen als grundsätzlich positiv.

Österreich und die Schweiz haben sich darauf verständigt, bisher unversteuerte Gelder von Österreichern auf Schweizer Bankkonten einmalig und pauschal mit 15 bis 38 Prozent zu besteuern. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und ihre Schweizer Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf wollen das Abkommen am Freitagnachmittag in Bern unterzeichnen.

Problem der Stichtage

Um an die Steuereinnahmen zu kommen, muss sich das Schwarzgeld laut dem Wirtschaftsprüfer Karl Bruckner an zwei Stichtagen in der Schweiz befunden haben, die aber noch nicht konkret festgelegt sind. Daher ergibt sich das Problem, ob nicht bestimmte Summen vorher aus der Schweiz abgezogen werden: "Vermögen abzuziehen ist möglich, da das Geld bei diesem Abkommen an zwei Stichtagen in der Schweiz dagewesen sein muss. Der eine wird wahrscheinlich der 31. Dezember 2012 sein, der Stichtag in der Vergangenheit ist noch nicht bekannt."

Grundsätzlich gehe es aber um zwei Formen der Hinterziehung: "Die erste ist die Hinterziehung der Steuer auf laufendes Vermögen. Die zweite ist die Frage, ob das geparkte Geld nicht bereits aus Steuerhinterziehung stammt. Das ist aber schwierig zu rekonstruieren", sagt Bruckner im Gespräch mit derStandard.at.

"Erkaufte Amnestie"

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hält nichts von der Einigung, wie er in einer Aussendung bekräftigte. Die "Motivation zur Steuerehrlichkeit" werde sinken, denn "gegebenenfalls wartet man halt auf die nächste Amnestie". Er wünscht sich mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer in Österreich. Der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, warf Finanzministerin Fekter vor, Steuerbetrug und Geldwäsche zu verharmlosen: "Wo gibt es das sonst, dass sich ein Betrüger durch Rückgabe eines Teils der Beute eine völlige Amnestie erkaufen kann?" Die Finanzministerin, so BZÖ-Chef Josef Bucher, solle "endlich die Interessen jener Bürgerinnen und Bürger vertreten, die ihrer Steuerpflicht in Österreich ehrlich nachkommen".

Ins selbe Horn stieß AK-Präsident Erwin Zangerl: "Es ist ein Skandal, wie die großen Steuersünder geschont und begnadigt werden sollen, nur um das Budgetloch zu stopfen", echauffierte er sich. Immerhin seien in der Schweiz "mindestens" 15 bis 25 Mrd. Euro Schwarzgeld aus Österreich gebunkert - daraus gerade einmal eine Mrd. Euro lukrieren zu wollen sei "ein Witz". Die "richtig großen Fische" hätten noch dazu jetzt bis 2013 Zeit, "ihre Millionen in ein anderes Land zu verschieben". Attac warf der Regierung Scheinheiligkeit vor: Einerseits blockiere Österreich mit seinem Bankgeheimnis die Überarbeitung der EU-Zinsrichtlinie, andererseits werde der Deal mit der Schweiz als großer Erfolg gefeiert.

Positive Worte kamen hingegen von Gewerkschaftsbundchef Foglar. Er begrüße grundsätzlich, dass es eine Einigung gebe, wenngleich man mit dem Abkommen "viel zu lange gewartet" habe, sagte er. Inhaltlich könne er sich zu dem Abkommen noch nicht äußern, da noch keine Details vorlägen, so der ÖGB-Boss.

Anonymität bleibt gewahrt

Laut dem Abkommen sollen die österreichischen Steuerflüchtlinge anonym bleiben. Zu diesem Zweck wird die Steuer von den Schweizer Banken eingehoben und dann nach Österreich überwiesen. Geschehen soll das in zwei Schritten. Für Schwarzgeld, das bereits viele Jahre in der Schweiz gebunkert ist, soll eine Abschlagszahlung von pauschal 15 bis 38 Prozent anfallen. Die Zinserträge werden dann in Österreich mit 25 Prozent besteuert. Denn auch der Ertrag auf Vermögen im Ausland ist in Österreich steuerpflichtig, erläuterte der Präsident der Wirtschaftstreuhänder, Klaus Hübner, im Ö1-"Mittagsjournal".

Auch für Karl Bruckner ist der Kern des Abkommens, dass Steuerflüchtlinge, wenn sie erwischt werden, anonym bleiben: "Das Essenzielle bei dem Abkommen ist die Anonymität, denn die Möglichkeit zur Selbstanzeige hat es vorher auch schon gegeben. Der Preis dafür ist aber ein höherer Steuerprozentsatz. Die Anonymität erkauft man sich mit einer höheren Steuerbelastung", sagt Bruckner.

Die Schweizer Banken sollen sowohl Abschlagszahlung als auch Zinsertragssteuer einheben und an Österreich überweisen. Wie die Geldinstitute feststellen können, ob das Vermögen korrekt versteuert wurde, erklärte Hübner folgendermaßen: "Die schweizerischen Banken haben den österreichischen Kontoinhaber zu fragen und eine Bestätigung des österreichischen Fiskus zu verlangen, ob die Gelder in Österreich versteuert worden sind." Wenn das Vermögen versteuert worden ist, dann ist nur noch die Steuer auf die Zinserträge fällig. Für überlegenswert - weil möglicherweise billiger - hält der Wirtschaftstreuhänder eine Selbstanzeige. "Denn wenn man entdeckt wird von der Behörde, bevor man selbst offengelegt hat, dann droht immer ein Strafverfahren." Finanzministerin Fekter hat ja eine Amnestie angekündigt, wenn sich Steuerflüchtlinge selbst anzeigen und ihr Geld doch noch in Österreich versteuern.

Nicht moralisch, aber sinnvoll

Die Kunden werden die Situation daher mit ihrer Schweizer Bank regeln. Die Einnahmen von einer Milliarde Euro sind aber laut Bruckner realistisch: "Etwa zwölf bis 20 Milliarden Schwarzgeld sind in der Schweiz geparkt. Wenn nur die Hälfte bei dem Abkommen mitmacht, würde bei einem Prozentsatz von 20 Prozent die Milliarde schon reinkommen. Die Schätzung ist also durchaus realistisch. Die Aufgabe ist aber, hohen Druck auszuüben. Der Kunde entscheidet am Ende selbst, ob er sich selbst anzeigt oder sein Vermögen in der Schweiz lässt."

Trotz Kritik an dem Abkommen wird es also Geld für die Regierung geben. "Politik ist die Kunst des Machbaren: Vom moralischen Ross aus gesehen ist das Abkommen sicherlich kein Prunkstück. Es ist aber für den Fiskus eine einmalige Chance, zu den Einnahmen zu kommen. Realpolitisch ist es daher ein sinnvoller Weg", sagt Bruckner. (APA/ctrl, derStandard.at, 12.4.2012)