Wien - Der Streit um die Zeugenladungen im U-Ausschuss zwischen Regierungsfraktionen und Opposition hat am Donnerstag kein Ende gefunden - eine entsprechende Sitzung am Abend brachte kein gemeinsames Ergebnis. Die Opposition kündigte deshalb aus Protest eine weitere Sondersitzung des Nationalrats an. Es bleibt auch dabei, dass das Thema Telekom vorerst abgeschlossen ist und nächste Woche die Befragungen zur Causa Buwog beginnen.
Insgesamt habe die Opposition drei Anträge eingebracht, erläuterte der Grüne Abgeordnete Peter Pilz. Im ersten geht es um Telekom-Chef Hannes Ametsreiter, Echo-Verlag-Chef Christian Pöttler und Teppichhändler Ali Rahimi sowie um Thomas Scheiner, der am Donnerstag verhindert gewesen war. Die SPÖ habe signalisiert, nichts gegen die Ladung von Pöttler und Rahimi zu haben (im Zusammenhang mit Zahlungen im SPÖ-Bereich, Anm.), doch die ÖVP habe ein Veto eingelegt, behauptete Pilz. Der Antrag sei mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ abgelehnt worden.
Gleich erging es laut Opposition auch den beiden weiteren Anträgen. Einer enthielt den Tiroler ÖVP-Geschäftsführer Martin Malaun sowie Ex-VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger (in seiner Funktion als früheren Bauernbund-Direktor). Der dritte Antrag zielte auf die Ladung des ÖAAB-Organisationsreferenten Rudolf Habeler ab. Man habe auch angeboten, die Befragungen auf je eine Stunde zu begrenzen.
"Antwort lautet Sondersitzung"
Die Konsequenzen der Ablehnung seien klar, so Pilz: "Die Antwort der Opposition kann nur Sondersitzung lauten." "Ich sehe das genauso", meinte FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz. Die ÖVP verhindere Aufklärung. Man habe auch angeboten, den Buwog-Tag nächste Woche so zu lassen und einen zusätzlichen Telekom-Tag am 26. April zu machen. Man sei um einen Kompromiss bemüht gewesen, betonte auch BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner. Zum Zeitpunkt der Sondersitzung meinte Pilz, man werde jetzt in den Klubs beraten und den Antrag wahrscheinlich Anfang nächster Woche einbringen.
SPÖ-Fraktionsführer Hannes Jarolim bedauerte, dass sein Optimismus "verfehlt" gewesen sei. Man hätte nichts gegen eine Ladung von Pöttler und Rahimi, doch man überstimme sich nicht gegenseitig in der Koalition. Der Beschluss sei in der Koalition zustande gekommen. Er halte die ganze Situation für eine "extrem unglückliche Entwicklung". Die Frage, ob er nun grantiger auf die Opposition oder die ÖVP sei, beantwortete Jarolim nur so: "Mein Grant ist erheblich."
"Recht zu schimpfen"
Die ÖVP wollte sich nach wie vor nicht als Blockierer darstellen lassen. "Es ist das gute Recht der Opposition, auf uns zu schimpfen", meinte Fraktionsführer Werner Amon. Dass die Opposition drei unterschiedliche Anträge einbringe, zeige, dass es "eher um ein taktisches Spiel" und eine "Provokation gegenüber den Regierungsparteien" gehe. Er bedaure jedenfalls, dass es derzeit keine Mehrheit für eine Ladung des Ex-Finanzvorstands der Mobilkom und Kronzeugen Gernot Schieszler gebe. Die Staatsanwaltschaft sei derzeit nicht einmal bereit, irgendeinen Termin zu nennen. Es sei deshalb sinnvoll, den Komplex Telekom zunächst abzuschließen und zur Causa Buwog überzugehen.
Gefragt nach Malaun und Habeler meinte Amon, er halte wenig davon, "alle möglichen Personen" zu laden. Das "System Telekom" sei schon erkannt, nun gehe es um die politischen Konsequenzen. Es gebe für Malaun und Habeler genauso gute Gründe sie zu laden wie für viele andere, ohne den Kronzeugen habe es aber keinen Sinn. Ob sie noch irgendwann geladen werden, sei "völlig offen", jetzt gehe es einmal um die Buwog. ~
Darabos hofft auf Ende im Sommer
Mit Verteidigungsminister Norbert Darabos tritt nun erstmals auch ein prominenter SPÖ-Vertreter dafür ein, den Korruptions-Untersuchungsausschuss bis zum Sommer zu beenden. In der Freitag-Ausgabe des "Kurier" plädiert Darabos dafür, "dass wir mit den Untersuchungen bis zum Sommer zu einem Ende kommen sollten. Die Zeugenladungen, die noch zu tätigen sind, können und sollen bis dahin erledigt sein. Dann kann und muss man umgehend die Konsequenzen daraus ziehen."
Störende "Vermischung"
Für Darabos soll zwar "nicht der Eindruck entstehen, dass ich jetzt den Untersuchungsausschuss abdrehen möchte. Ganz im Gegenteil." Der Verteidigungsminister glaubt aber gleichzeitig, "dieser Untersuchungsausschuss muss relativ rasch zu Ergebnissen kommen. Denn derzeit ist es so, dass die Politik insgesamt schlecht wegkommt. Natürlich kann und soll man Politiker-Entscheidungen kritisieren, aber die Vermischung von Diskussionen über Druckkostenbeiträge mit einer 10-Millionen-Euro Provision für die Buwog ist mittlerweile unerträglich und auch undurchsichtig geworden. Bei der Bevölkerung bleibt über, dass alle Politiker korrupt oder zumindest korruptionsanfällig sind", klagt Darabos.
Vor rund drei Wochen hatte bereits ÖVP-Obmann, Vizekanzler Michael Spindelegger für eine Ende des U-Ausschusses bis zum Sommer plädiert. Er war damals nicht nur von der Opposition heftig kritisiert worden, auch für den SPÖ-Fraktionsführer Hannes Jarolim hatte sich die Frage einer Beendigung bis zum Sommer nicht gestellt, weil man eine "seriöse Beendigung" wolle. Jarolim hatte es damals für möglich gehalten, Ende des Jahres abzuschließen.
Am Donnerstag stellte Jarolim klar, nicht über Darabos' Vorschlag nachzudenken: "Ich halte davon nix", meinte er Donnerstagabend vor Journalisten. Auch die anderen Parteien sind nicht sonderlich begeistert.
Amon: "Keine Option"
"Abdrehen ist keine Option", betonte ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon. "Alle Materien werden zügig und gewissenhaft abgearbeitet." Die Opposition nimmt Darabos' Aussagen offenbar erst gar nicht sonderlich ernst: Darabos habe in der vergangenen Zeit viel Unsinn gesagt, meinte der Grüne Abgeordnete Peter Pilz. Wichtiger sei für ihn, was Jarolim sage. Auch für FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz ist Jarolims Position relevanter. Man dürfe das nicht "über-ernst" nehmen, findet der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner, aber es handle sich um ein "Warnsignal, das man nicht überhören darf" - ein Ende bis Sommer "wäre Wahnsinn".(APA, 12.4.2012)