Die Skandale überstürzen sich. Die Wahl des Aufmachers zwischen Die EU nimmt uns die Käsekrainer weg und Jeder 3. Pfarrer hat eine Geliebte fiel Freitag nicht leicht. Begonnen hatte die Verwirrung schon Donnerstag, als die "Krone" von Dornenvögel in Stützenhofen schrieb. Nicht nur, dass der kleine Ort im Weinviertel schon mit einem Dornenvogel überschießend bedient war, stand der Vogelkäfig in Pressbaum. Egal. Hatte der Pfarrer eine Geliebte? Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein, heißt es bekanntlich, und wehe, einer beachtet die unterschwellige Warnung nicht, die in diesem Jesus-Wort verborgen ist. Ein schwuler Pfarrgemeinderat war dem Vogel der Clerical Correctness ein Dorn im Auge, und schon fiel der Stein, den er in Stützenhofen auf diesen geworfen hat, aus Pressbaum auf ihn zurück: "Ich war die Geliebte des Stützenhofener Pfarrers" orgelte der "Kurier" auf der Titelseite. Samt Foto der sich outenden Geliebten.

Der Racheakt einer enttäuschten Frau fiel gründlich aus. Die 55-Jährige, die sich bei der "Krone" und auch beim "Kurier", sicherheitshalber auch bei "Österreich", gemeldet hat, versorgte den Boulevard nicht nur mit ihrem Geständnis, sondern auch mit Posen. Teils musizierend: Spielte Eva-Maria Mahrer für den Pfarrer die erste Geige? In den anderen Blättern mit aufgelöstem Blondhaar posierend, auch ohne Leidenswerkzeuge. Leicht hat sie es sich mit ihrem Coming-out nicht gemacht, wie sie in "Österreich" berichtete. Ich hatte zwei Tage lang Diskussionen mit meinem Mann, ob ich diesen Schritt wagen soll oder nicht. Am Ostermontag haben wir uns dazu entschlossen. Denn sein Interview hat mich geärgert. Und: "Ich gehe damit an die Öffentlichkeit, damit er sich nicht als Moralapostel aufspielen kann."

Drei Monate sei sie mit Pfarrer Swierzek zusammen gewesen, beichtete sie dem "Kurier". "Ich hab für ihn gekocht, und er war in meinem Pool schwimmen." Wie hätte er da nicht schwach werden sollen! "Wir hatten eine Liebesbeziehung. Er hat sein Zölibat gebrochen." Selbst in der Sünde blieb er Gottesmann, bestätigte die Sirene und gelernte Mezzosopranistin in "Österreich": "Er liebte es, wenn ich ihm das Halleluja vorsang."

Doch der Segen des Herrn blieb aus. Eine Bekannte habe ihr dann aus heiterem Himmel die Nachricht Swierzeks überbracht, dass er sich zurückziehen müsse. "Ich hatte einen Zusammenbruch." Die ganze Nacht habe sie versucht, Swierzek zu erreichen, "doch er meldete sich nicht". Noch am selben Abend, so Mahrer weiter, soll er Kardinal Schönborn verständigt haben, eine Frau "seelisch verletzt" zu haben. "Danach war er zwei Wochen im Krankenstand."

Ob Pfarrer Swierzek auch dieses Gespräch mit dem Kardinal aufgezeichnet hat, ist nicht bekannt. Das Kirchenvolk wird nie erfahren, ob ihm darin geraten wurde, in den Krankenstand zu verschwinden.

Wie auch immer sollte der Kardinal endlich für Klarheit um Swierzek sorgen, das ist er seinem von religiösem Wahn umwehten Kolumnistenkollegen in der "Krone" schuldig. Jeannée hatte noch Mittwoch den lieben Pfarrer von Stützenhofen zu dessen Rückzug aus dem "Fall Florian Stangl" beglückwünscht. Ein neuer Fall des "Ungehorsams" für die gebeutelte Kirche? Sehe ich nicht so. Zumal Ihre Begründung, diesen für Sie schmerzvollen Schritt zu tun, den allerhöchsten Respekt verdient, weil "in Sünde zu leben" nicht die Norm sein dürfe und das Kirchenvolk " ehrliche Priester" wolle. Ja, Herr Pfarrer, das Kirchenvolk will ehrliche Priester, wie Sie einer sind. Mehr noch: Es braucht ehrliche Priester, wie Sie einer sind.

Zwei Tage später ließ ihn der Halleluja-Sängerin Fluch nur noch in Sack und Asche winseln: Mea culpa und errare humanum est. Seid menschlich mit mir Irrendem. Denn nun hat sich eine dralle Blondine gemeldet und öffentlich "gebeichtet", die Geliebte des Herrn Pfarrers gewesen zu sein. Was die hehren Worte des Geistlichen natürlich zu einem leeren Gefasel macht, so wie seine eigenen vom Mittwoch. Aber bei ihm ist das Business as usual.

Marga Swoboda verklärte die dralle Blondine zur mutigen Geliebten, und zu einem versöhnlichen Abschluss sprach Jeannée dem Gros unserer katholischen Priesterschaft sein persönliches Vertrauen aus, was in Ordnung geht, wenn tatsächlich jeder 3. Pfarrer eine Geliebte hat. Vielen Gläubigen auch unter "Krone"-Gläubigen ist das längst wurscht. Die stehen vor einer spirituellen Herausforderung: Käsekrainer darf uns nicht wurscht sein! (Günter Traxler, DER STANDARD, 14./15.4.2012)