Stille vor dem künftigen Flüchtlingsheim in der Zohmanngasse: Am 1. Mai wird Ute Bock mit 70 Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen einziehen.

Foto: Newald

Anti-"Asylanten"-Slogans und dunstige Stimmung bei der FP-Versammlung beim Wirt. Am Wort: Johann Gudenus.

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Von der Zohmanngasse 28 zum Gasthaus "Zum Nepomuk" in der Favoritner Troststraße sind es nur wenige hundert Meter - doch rein atmosphärisch könnte der Kontrast an diesem Donnerstagabend nicht schärfer sein. So leer und still das frisch renovierte Haus, in dem ab 1. Mai die Flüchtlingshelferin Ute Bock mit 70 Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen wohnen wird, so überfüllt und dunstig die Wirtsstube.

18 Uhr, rund hundert Anrainer und weiter Hergeholte harren vor Bier, Saft oder Kaffee Johann Gudenus', Klubobmann und - wie es heißt - Zukunftshoffnung der Wiener FP. Dessen Vorredner sieht auf die Blauen rosige Zeiten zukommen, denn das Thema des Abends scheint ihm politisch wie serviert: "Wir stehen vor einer ähnlichen Situation wie 1999", sagt der Favoritner FP-Bezirksparteiobmann Eduard Schock, "damals sind in der Zohmanngasse sogenannte Asylanten in Designeranzügen und mit teuren Handys ein und aus gegangen."

Drogendealer meint er, deren Existenz seit einer Razzia im damaligen Gesellenheim (siehe Wissen) auf der lokalen Gerüchtebörse nicht angezweifelt wird. Während Ute Bock vehement widerspricht: "Einmal war die Polizei damals wegen Drogen da, mehr war nicht." Doch das interessiert im "Nepomuk" niemanden: "Wir stehen einer Asylantenmafia aus Vereinen, Rechtsanwälten und Gutmenschen wie Ute Bock gegenüber, die sich an Steuergeldern eine goldene Nase verdienen", behauptet Gudenus. " Dass isses!", kommt es, wie ein Echo, aus dem Publikum.

"Alles denen, die es brauchen"

"Goldene Nase? Ich hab eine Pension, die krieg ich am 1., aber schon davor, am 31., ist sie weg. Ich gebe alles her, denen, die es brauchen", sagt dazu Ute Bock. Auch die Flüchtlingshelferin ist vor dem neuerlichen Einzug in die Zohmanngasse nervös - obwohl sie unter völlig veränderten Umständen nach Favoriten zurückkehrt: in ein Haus, das Strabag- Vorstandsvorsitzender Hans Peter Haselsteiner gekauft und ihr in Bittleihe überlassen hat. Mit zwölf Mitarbeitern, darunter acht Fixangestellten und vier Zivildienern, zwei Sozialarbeitern vom Fonds Soziales Wien sowie einem Nachtportier.

Diese Mannschaft wird sich um 70 alleinstehende Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge - alle Männer - kümmern, die in Einzelzimmern leben werden. Die Einzelzimmer - so Bock - seien für sie ein Hauptargument gewesen, um Haselsteiner den Kauf des leer stehenden Favoritner Objektes nahezulegen. Denn "die Alleinstehenden bleiben sonst immer übrig. Ich habe schon Mühe, Familien mit Kindern unterzubringen, für die eine Wohnung natürlich noch dringender ist."

Und, außerdem: "Ich hab in der Zohmanngasse 30 Jahre meines Lebens verbracht. Für mich ist es eine Art Rückkehr", sagt die bekannte Flüchtlingshelferin.

Schreiende Anrainer

Damit jedoch stellt sie das Grätzel vor eine Herausforderung. In den umliegenden Gemeinde- und Genossenschaftsbauten dominieren Drogenängste und Asylwerber-Skepsis. Zwei Anrainergespräche wurden in Bocks früherem und künftigem Haus bereits durchgeführt: "Beim ersten Termin wurden wir zuerst eine halbe Stunde lang angeschrien: jede Menge ohnmächtige Wut. Dann war es möglich, einzelne Fragen zu beantworten", schildert Josef Neumayr von Verein "Lernen aus der Zeitgeschichte", der den Umzugsprozess moderiert.

In dieser Funktion dürfte er bald Unterstützung bekommen, wie am Freitag aus dem Büro der Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SP) zu erfahren war. "Das Engagement Frau Bocks ist äußerst wertvoll, daher machen wir ihrem neuen Privatprojekt ein Angebot", ließ Frauenberger ausrichten: "Es soll in die Arbeit zur Wiener Charta für das Zusammenleben einfließen."

Jede Arbeitsgruppe für die Wiener Charta bekommt zwei Moderatoren zur Verfügung gestellt. Bis heurigen Oktober soll diskutiert werden, danach sollen konkrete Vereinbarungen getroffen werden: "Das ist eine ausgesprochen gute Idee", reagiert darauf Privat-Moderator Neumayr. Und während die Favoritner SP zur Zohmanngasse schweigt - am Freitag war dort niemand zu sprechen -, ist der Favoritner SP-Gemeinderat Peter Florianschütz von dem Rathaus-Vorschlag angetan: "So kann man den Trittbrettfahrern von der FP etwas entgegensetzen. Ihnen geht es nicht um Problemlösung."