Die Reaktion kam sofort. Kaum hatte die Nachricht vom gescheiterten Raketentest Nordkoreas die Runde gemacht, ließ Jay Carney auch schon eine schriftliche Erklärung zirkulieren: Die provokative Aktion bedrohe die regionale Sicherheit, verletze das Völkerrecht und verstoße gegen die Zusagen, die Pjöngjang in jüngster Zeit gemacht habe, so der Sprecher des Weißen Hauses. "Nordkorea isoliert sich damit nur noch stärker, es verschwendet sein Geld für Waffen und Propaganda, während das Volk Hunger leidet."

Damit ist das Tauwetter zumindest unterbrochen, wenn nicht gar beendet. Kim Jong-un sollte in kleinen Schritten ins Geflecht der internationalen Diplomatie eingebunden werden. Ende Februar stellten die USA sogar Hilfe gegen den Hunger in Aussicht, falls das Regime Weichen in Richtung Entspannung stellen würde.

Als Zeichen guten Willens sollte Pjöngjang sowohl auf Atomversuche als auch auf Tests von Langstreckenraketen verzichten. Eine Annäherung auf Raten, so dachte Präsident Barack Obama, könnte die unterbrochenen Atomverhandlungen aus der Schockstarre befreien; und damit einen schwelenden Konflikt entschärfen, eine zweite potenzielle Krise im Wahljahr 2012, zusätzlich zum Poker um die iranischen Nuklearpläne.

Illusionen machte sich am Potomac dennoch keiner, zu oft schon hatte Nordkorea Versprechen gebrochen. "Es ist die Wahl zwischen zwei schlechten Optionen", dozierte Victor Cha, Ostasien-Experte am Center for Strategic and International Studies. "Entweder schaut man mit verschränkten Armen zu, wie Nordkoreas Atomprogramm voranschreitet, oder man hält sich die Nase zu und verhandelt, auch wenn der Partner unberechenbar ist." Außenministerin Hillary Clinton macht kein Hehl aus ihren Bedenken, betont aber gleichzeitig auch, dass es an vernünftigen Alternativen fehle.

Nun sehen sich die Skeptiker bestätigt, allen voran Mitt Romney: Einmal mehr versucht der Republikaner, der Präsident werden will, Obama als weltfremden Träumer hinzustellen: Statt Nordkorea von einer Position der Stärke aus zu begegnen, habe der Präsident die Diktatur mit einem Getreide-Deal zu beschwichtigen versucht, wetterte Romney. Dieser Kurs aber habe sich als "ebenso naiv wie kurzlebig" erwiesen. (Frank Herrmann aus Washington /DER STANDARD, 14.4.2012)