Grüner Veltliner heißt Österreichs populärste Weißweinsorte. Diese Flasche stammt aus dem Weinviertel.

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Ob Grünen-Chefin Eva Glawischnig (r.) diese Flasche österreichischen Weins für ihr deutsches Pendant Claudia Roth im Supermarkt, beim Fachhändler oder beim Winzer gekauft hat?

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Wien - Die Zeit, in der die Städter zweimal im Jahr zum Winzer fuhren und den Kofferraum mit Weinflaschen füllten, sei endgültig vorbei, sagt Josef Pleil. Abgesehen davon, dass sich Alkohol und Autos nicht gut vertrugen, begehrten die Weintrinker Vielfalt, und diese gebe es vor allem im Supermarkt.

Weniger als zehn Prozent macht der Ab-Hof-Verkauf im Weinhandel mittlerweile aus, rechnet der Präsident des Weinbauverbandes vor. Das Geschäft verschiebe sich rasant hin zu den Handelsketten: 80 Millionen Liter von insgesamt 250 Millionen liefen bereits über ihre Vertriebskanäle.

Hälfte geht noch über Gastronomie

Etwa die Hälfte des österreichischen Rebensaftkonsums passiert in der Gastronomie. Doch auch die Absätze der Wirte sinken, was Vinotheken der Lebensmittelmärkte zusätzlich Auftrieb verleiht. Denn getrunken wird vermehrt daheim. Auswärts gönnten sich die Konsumenten dafür edlere Tropfen, ist Pleil überzeugt. Für die Wirte bleibe der Umsatz also der gleiche.

Geschmack an großen Konzernen findet auch Heinz Kammerer, Gründer des Fachhändlers Wein & Co mit seinen 19 Filialen. Keineswegs an Spar, mit der er in der Vergangenheit harte Konflikte vor Gericht ausfocht - dafür umso mehr an Rewe. Seit mehr als einem Jahr kooperieren die beiden im Onlinehandel von Wein. Vor kurzem eröffnete Kammerer bei Merkur seinen ersten Shop-in-Shop. Ein Pilotversuch, dem es an Problemen nicht fehle, sagt er, in der Logistik etwa und der EDV. Dennoch stünden die Chancen, dieses Konzept auszubauen, gut. Der Wille sei auf beiden Seiten da, die Sache habe hohe Priorität.

Ängste in der Branche vor der wachsenden Einkaufsmacht einer immer kleineren Zahl an großen Abnehmern nennt Pleil "überzogen". Bei jeder Fusion gebe es auch Verlierer - letztlich seien Winzer jedoch gut beraten, in den Supermärkten Fuß zu fassen. Dass sie gedrängt würden, diesen billige Zweitmarken zu offerieren, stimme nicht. Das sei allein wegen ihrer geringen Größe kein Thema. An Eigenmarken fehlt es Rewe und Spar bei Wein nicht. Ersterer Konzern hat die Billa-Tochter Wegenstein breit im Sortiment. Spar besitzt mit Schloss Fels das nach eigener Angabe drittgrößte Weingut Österreichs. Nicht einfach sei es anfangs gewesen, das Vertrauen der Winzer zu gewinnen, sagt Nicole Berkmann, Sprecherin von Spar. Mittlerweile habe man rund 1300 verschiedene Weine verfügbar, und der Umsatz damit steige.

"Worauf soll ich warten?"

Wein & Co setzte im abgelaufenen Geschäftsjahr mit 280 Mitarbeitern 47 Millionen Euro um. Der Überschuss betrage jährlich zwischen einer und 1,5 Mio. Euro, sagt Kammerer. Weitere Expansion, ob mit Rewe, Franchisepartnern oder in Deutschland, obliegt künftig einem Sportler: Kammerer gibt die Geschäftsführung 19 Jahre nach der Unternehmensgründung an Florian Größwang, bis vor kurzem Chef von Sport Eybl, ab.

"Das Geschäftsleben langweilt mich mittlerweile unendlich. Ich sitze in Meetings und denke über Kunstwerke nach", sagt Kammerer. "Ich bin 63, worauf soll ich noch warten?" Wie aktiv er sich als Eigentümer einbringe, werde sich weisen. "Halte ich den Rückzug nicht ein, scheitern wir beide. Ich bin emotional, aber nicht deppert." Verkaufen würde er nur, läge wer 30 Millionen auf den Tisch, "aber das ist unwahrscheinlich". (Verena Kainrath, DER STANDARD, 14.4./15.4.2012)