Juba/Khartum/Wien - Bei Angriffen der sudanesischen Armee auf eine Stadt im Südsudan sind nach Angaben der dortigen Behörden mindestens fünf Zivilisten getötet worden. Ein Kampfflugzeug habe die Stadt Bentiu im Grenzstaat Unity am Samstag beschossen und dabei sechs Menschen verletzt, darunter eine Frau, sagte der Regierungssprecher des Bundesstaats, Gideon Gatfan. Nach Angaben der UNO flohen bereits rund 10.000 Menschen aus dem Grenzgebiet.

Eines der Geschoße sei am Samstag um 13.15 Uhr (12.15 Uhr MESZ) nahe eines Marktes für Autos eingeschlagen, sagte Gatfan. "Fünf Händler wurden getötet." Drei Bomben schlugen demnach zudem nahe einer strategischen Brücke in Bentiu ein, die die Stadt in der Grenzregion mit einer Straße Richtung Norden verbindet. Die Brücke wurde aber nicht zerstört.

Der südsudanesische Informationsminister Barnaba Marial Benjamin hatte kurz darauf erklärt, sein Land habe einen Versuch des Sudan, das Heglig-Ölfeld in der Grenzregion zurückzuerobern, abgewehrt. Der erst vor neun Monaten unabhängig gewordene Südsudan hatte das Feld am Dienstag besetzt. Am Freitag, dem vierten Tag der Gefechte, kündigte die sudanesische Armee eine Offensive an, um das Gebiet um Heglig zurückzuerobern. Dies würde "mit allen möglichen Mitteln" geschehen, hieß es zuvor. In der Heglig-Region hatte der Sudan bisher etwa die Hälfte seiner Tagesproduktion von 150.000 Barrel gefördert.

Die Staatschefs des Sudan und des Südsudan, Omar al-Bashir und Salva Kiir, hatten sich am Donnerstag angesichts der anhaltenden Gewalt gegenseitig Kriegstreiberei vorgeworfen. Der UNO-Sicherheitsrat forderte am selben Tag ein sofortiges Ende der Kämpfe und erklärte, die "Eskalation der Gewalt" lasse befürchten, dass es zu einem Krieg zwischen beiden Staaten kommen könne.

Auch das Rote Kreuz hält eine militärische Lösung des Konflikts zwischen Südsudan und Sudan wahrscheinlicher als eine politische Lösung. Der Konflikt habe sich in den vergangenen vier Wochen deutlich verschlechtert, erklärte Helmut Rählmann, Delegationsleiter des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK), im Gespräch mit der APA. Die Flüchtlingsproblematik spitze sich weiter zu, gegenwärtig würden sich rund 500.000 südsudanesische Flüchtlinge in der sudanesischen Hauptstadt Khartum aufhalten. In der umkämpften Region Unity seien seit Donnerstag weitere 10.000 Menschen auf der Flucht. Die Menschen hätten sich aus "verschiedenen Orten zurückgezogen, darunter aus der Stadt Heglig und aus anderen Gebieten weiter im Norden", berichteten auch die Vereinten Nationen am Samstag.

Die Beziehungen zwischen Khartum und Juba sind seit der Unabhängigkeitserklärung des Südsudan im Juli 2011 sehr gespannt. Bereits Ende März hatte es heftige Auseinandersetzungen an der Grenze gegeben, vor einigen Tagen waren sie dann erneut aufgeflammt. Meist machen sich beide Seiten gegenseitig für den Beginn der Angriffe verantwortlich. (APA, 14.4.2012)