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König Kukuruz

Foto: AP Photo/Michael Sohn

Seit Mitte April sind wieder allerorten die Sämaschinen unterwegs, um eine spezielle Nutzpflanze auszubringen: Kukuruz. Und zwar überall - in den Alpen ebenso wie im Steppenklima Pannoniens. Der Mais darf sich überall wohlfühlen, dafür sorgen wir mit enormen Mengen an Dünger, Bewässerung, Pestiziden. In Österreich ganz besonders: Das vielfach größere Deutschland etwa produziert nur knapp doppelt so viel wie wir.

Wir legen einen dichten Teppich aus Maisfeldern über die Landschaft - und müssen uns darob immer seltsamere, die Umwelt und uns selbst schädigende Anwendungen einfallen lassen. Längst gibt es viel zu viel, um ihn nur zu essen. Mais wird - mit enormem Energieaufwand - zur Energiegewinnung angebaut, für die Plastikproduktion, als Futter für Wiederkäuer (physiologisch sehr fragwürdig!) oder zu Fructosesirup raffiniert, der via Convenience-Food für hohe Cholesterinwerte und Herzkrankheiten bei den Verbrauchern sorgt.

Michael Pollan, Autor und Berkeley-Professor, hat diese paradoxe Situation zu einer spannenden Überlegung animiert: Vom darwinistischen Standpunkt, so Pollan, könnte man längst argumentieren, dass nicht der Mensch sich den Mais untertan gemacht hätte - sondern vielmehr umgekehrt. Veränderte Blickwinkel sind schon faszinierend: Plötzlich wird offenbar, wie wir uns ohne Not von König Kukuruz zum Deppen haben machen lassen. (Severin Corti, DER STANDARD, 16.4.2012)