Bild nicht mehr verfügbar.

Die Einschlafdauer verkürzt sich zwar ab einer gewissen Konsummenge an Alkohol, die anderen Schlafphasen geraten dafür durcheinander.

Foto: APA/Karl-Josef Hildenbrand

Bild nicht mehr verfügbar.

Laut einer Umfrage hat Bier den klassischen Schlummertrunk Milch mit Honig bereits abgelöst.

Foto: AP/Petr David Josek

Ein gutes Gläschen Wein oder Bier am Abend soll bekanntlich beim Einschlafen helfen. Kein Wunder, dass es sich viele, die ohnehin Probleme mit dem Einschlafen haben, am Abend mit dem vermeintlichen Schlummertrunk gemütlich machen. Hinzu kommen unzählige Studien, die vor allem Rotwein immer wieder ein gutes Zeugnis in Bezug auf die gesundheitsfördernde Wirkung ausstellen: Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie Polyphenole seien gut für die Gefäße und gelten daher als Prävention gegen Herzinfarkt und Schlaganfall. Das abendliche Glaserl hat damit erst recht für viele seine Berechtigung.

Schlechter Schlaf

Rund ein Viertel aller Österreicher leiden laut der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (ÖGSM) unter Schlafstörungen. Vor allem Einschlaf- und Durchschlafprobleme machen den Betroffenen durch eine verlängerte Einschlafzeit, nächtliche Wachphasen und die reduzierte Erholung durch den Schlaf zu schaffen. Die Ursachensuche gestaltet sich oft schwierig, dennoch gibt es Maßnahmen, die Betroffene vor dem Aufsuchen eines Arztes setzen können, um sich der Schlafprobleme zu entledigen.

Besonders wichtig sei es, Fehler bei der Schlaf-Wach-Organisation, der sogenannten Schlafhygiene, zu vermeiden, rät die ÖGSM. Dazu zählen das Einhalten regelmäßiger Einschlafzeiten sowie eine ausreichende Schlafdauer, die Vermeidung anstrengender körperlicher Aktivitäten vor dem Einschlafen, aber auch der Verzicht auf allzu spätes und schweres Essen vor dem Schlafengehen sowie Alkoholkonsum. Gerade Letzteres fällt vielen schwer, hat sich doch das abendlichen Glas Wein oder Bier bei vielen schon zum Ritual stilisiert - ob als Belohnung für einen harten Arbeitstag, zum Entspannen bei einem guten Film oder als Schlummertrunk.

Neben Lesen, Musikhören und der Einnahme von Naturheilmitteln wie Baldrian wird in Umfragen immer wieder der Konsum von Getränken als Maßnahme zur Schlafförderung genannt. Laut einer Befragung unter Deutschen über 16 Jahren gönnt sich ein Viertel aller Befragten auf der Suche nach Schlaf ein Getränk. Der klassische Schlummertrunk aus heißer Milch mit Honig ist dabei abgeschlagen, mehr als die Hälfte trinken Bier.

Harmlos oder gesundheitsschädlich?

Die tägliche Einschlafhilfe Alkohol würde per Definition bereits in den gesundheitsschädlichen Bereich fallen. Denn je nachdem, wie viel und wie oft jemand trinkt, werden bestimmte Grenzen in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen unterschieden: Die Harmlosigkeitsgrenze, also jene Menge an reinem Alkohol, deren täglicher Konsum als unbedenklich gilt, liegt laut Empfehlungen des britischen Health Education Council und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Männer bei 24 Gramm, für Frauen bei 16 Gramm. 24 Gramm wären rund 0,6 Liter Bier oder 0,3 Liter Wein, 16 Gramm 0,4 Liter Bier oder 0,2 Liter Wein. Der tägliche Konsum von zumindest 60 Gramm reinem Alkohol (1,5 Liter Bier oder 0,75 Liter Wein) bei Männern und 40 Gramm bei Frauen (1 Liter Bier oder 0,5 Liter Wein) wird als gesundheitsschädlich eingestuft.

Zudem sollte generell an zwei Tagen pro Woche überhaupt kein Alkohol getrunken werden. In Österreich werden laut der "Österreichweiten Repräsentativerhebung zu Substanzkonsum", die zuletzt im Jahr 2008 durchgeführt wurde, durchschnittlich 28 Gramm reiner Alkohol pro Tag konsumiert (Männer 43 Gramm, Frauen 13 Gramm), unter Ausschluss der Alkoholiker aus der Statistik 19 Gramm.

Durcheinander der Schlafphasen

Bei vielen Menschen wirken geringe Mengen an Alkohol, etwa ein Achtel Wein oder ein Viertel Bier, zudem nicht wie erhofft beruhigend, sondern eher anregend und beeinflussen die Schlafqualität kaum. Die offensichtliche Lösung, einfach größere Mengen zu trinken, hat aber neben dem negativen gesundheitlichen Aspekt ebenso wenige Vorteile für den Schlaf. Denn größere Mengen Alkohol, ab rund einem Promille, beeinträchtigen die natürliche Abfolge der Schlafstadien, wodurch die erholsame Wirkung des Schlafs verloren geht.

Dem einzig positiven Aspekt - dem Verkürzen der Einschlafdauer - folgen eine Reihe an unangenehmer Wirkungen. Denn der Einschlafphase folgt nicht wie gewöhnlich ein leichter REM-Schlaf, sondern ein "komaartiger" Tiefschlaf. In der zweiten Nachthälfte kommt es anstatt der Tiefschlafphasen zu einem flachen, unruhigem REM-Schlaf, was zu einem abrupten Aufwachen und schlechten Wiedereinschlafen, unruhigen Träumen und Schwitzen führen kann. Die Schlafqualität ist auch bei längerer Schlafdauer vermindert und bewirkt eine geringere Erholung. Ab welcher Menge Alkohol nun der Schlaf beeinträchtigt wird, hängt stark von individuellen Faktoren wie Alter, Geschlecht und körperlicher Konstitution ab. Oft genügen aber bereits zwei bis drei Getränke, etwa ein Viertelliter Wein am Abend, um die gesunde Schlafstruktur zu stören.

Alkohol, in größeren Mengen genossen, erleichtert zwar das Einschlafen, dem Körper tut dies jedoch keinesfalls gut. Aber das wissen Menschen, die schon einmal mit Kater aufgewacht sind, ohnehin. (Ursula Schersch, derStandard.at, 18.4.2012)