Achtzehn Gefechtsstunden und fünfzig Tote später wird versichert, dass der Mehrfronten-Angriff der Taliban in Afghanistan kein operativer oder strategischer Erfolg war. Das ist schon richtig: So spektakulär sie waren, die Taliban-Operationen hätten nie dazu getaugt - und waren nicht darauf angelegt -, das schwer geschützte Diplomatenviertel und das Parlament in Kabul, aber auch die anderen Angriffsziele auf Dauer einzunehmen.
Aber die taktische "Leistung" der Taliban besteht eben darin, einmal mehr zu beweisen, dass "bestbewacht" kein Synonym für "sicher" ist. "Wir wissen, wo ihr seid, ihr wisst jedoch nie, wo wir sind" ist die Botschaft, und Präsident Hamid Karsai hat sie genau verstanden, wenn er das Versagen der Geheimdienste beklagt.
Der große Nato-Gipfel in Chicago, auf dem US-Präsident Barack Obama mit seinen Partnern die Afghanistan-Abzugspläne mehr oder weniger festzurren will, findet zwar erst im Mai statt, die Vorgespräche auf Ministerebene in Brüssel jedoch schon diese Woche. Die aktuellen Ereignisse in Afghanistan werden keinen Einfluss auf die Abzugspläne haben: Denn mehr, als die afghanischen Sicherheitskräfte auf solche Situationen vorzubereiten, kann man im elften Kriegsjahr nicht mehr tun. Diese haben sich, so wird versichert, am Wochenende durchaus wacker geschlagen.
Aber was für die Taliban gilt, gilt auch für sie und für die Nato: Ein strategischer Erfolg sieht anders aus. (DER STANDARD, 17.4.2012)