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In Hamburg (Bild: HafenCity) wurden gebrauchte Einfamilienhäuser innerhalb des letzten Jahres um 13,5 Prozent teurer.

Foto: APA/EPA/Charisius

Preisanstiege im zweistelligen Bereich, niedrige Zinsen, zu geringe Bautätigkeit, anhaltende Landflucht und ebenso anhaltende Flucht der Anleger ins "Betongold": Ähnlich wie in Österreich, halten auch immer mehr Beobachter in Deutschland eine Immobilien-Blase für möglich.

Recht deutlich wurde der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater, erst vor wenigen Tagen: Ausdrücklich warnte er bereits vor einer Immobilienblase. Es werde "mit ziemlicher Sicherheit Übertreibungen am deutschen Wohnungsmarkt" geben, sagte Kater der Nachrichtenagentur dapd; schon jetzt gebe es eine "atemberaubende" Preisentwicklung in manchen Großstädten.

Steigerungen im zweistelligen Bereich

Zum Beispiel in Hamburg: In der norddeutschen Hansestadt verteuerten sich zuletzt gebrauchte Einfamilienhäuser innerhalb eines Jahres um 13,5 Prozent. Gebrauchte Eigentumswohnungen wurden laut einer Analyse des Beratungsunternehmens F+B um 13,1 Prozent teurer. Neue Eigentumswohnungen kosten laut einer LBS-Studie im Schnitt um 5,1 Prozent mehr als vor einem Jahr.

"In Spitzenlagen wie Hamburg-Hohenfelde müssen Käufer für Eigentumswohnungen heute 45 Prozent mehr bezahlen als noch vor einem Jahr. Das ist umso bemerkenswerter, als die Immobilienpreise zuvor jahrelang gefallen waren", heißt es in der aktuellen "Zeit". Dennoch würden die Deutschen kaufen "wie im Rausch".

Ein paar Wochen zuvor schon zitierte die Hamburger Wochenzeitung das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen: "Derzeit gibt es europaweit keine Anzeichen für spekulative Übertreibungen", sagte der einstige Staatssekretär für die SPD; "aber die Preise für Immobilien steigen in einigen Regionen Deutschlands spürbar." - Ein Umstand, den es zumindest "aufmerksam zu verfolgen" gelte. 

"Anfang einer Blase" ...

Zum Beispiel auch in Berlin: Dort legten die Preise für Altbauwohnungen in manchen Gegenden im letzten Jahr um mehr als zehn Prozent zu. Auch in und um München gab es zuletzt starke Verteuerungen. Die deutsche Bundesbank schätzt, dass sich Wohnimmobilien in den großen deutschen Städten 2011 im Schnitt um fünfeinhalb Prozent verteuert haben. 

Steffen Sebastian, Immobilienökonom an der Universität Regensburg, sieht zumindest den "Anfang einer Blasenbildung" - angeheizt von historisch niedrigen Zinsen.

... oder nur "gewisse Überhitzung"?

Anders Ulrike Stüdemann, Immobilien-Expertin beim Beratungsunternehmen F+B in Hamburg. Sie sieht zwar auch eine "gewisse Überhitzung" im Markt, will aber im Gespräch mit derStandard.at nicht von einer Blase sprechen. "Man kann den Immobilienmarkt nicht en gros sehen, sondern man muss differenzieren nach Regionen und Marktsegmenten." Die stark anziehenden Eigentumspreise seien eben hauptsächlich städtisch geprägt, am Land sehe es ganz anders aus. Langfristig liege man bundesweit bei einem Preisanstieg von nur zwei Prozent pro Jahr - weil es eben bis vor wenigen Jahren mit den Preisen sogar bergab ging.

Insgesamt seien die Rahmenbedingungen gänzlich anders als beispielsweise in Spanien vor wenigen Jahren, als eine riesige Immobilienblase implodierte. Es gebe etwa keinen Bauboom in Deutschland - ganz im Gegenteil: Die Fertigstellungen würden, wie auch in Österreich, dem Bedarf etwas hinterher hinken. Zudem seien die Hauskäufe wesentlich solider finanziert als in Spanien, sagt Stüdemann: "Es ist hier absolut unüblich, dynamische Hypothekarzinsen zu vereinbaren." Auch so extrem lange Zeiträume wie in Spanien seien in Deutschland nicht möglich, und von Finanzierungen gänzlich ohne Eigenkapital könne ohnehin keine Rede sein.

Anpassung mit "ungewöhnlicher Geschwindigkeit"

"Zumindest im privaten Bereich" sieht Stüdemann deshalb keine Blase im Entstehen. Speziell in Berlin habe es seit der Wiedervereinigung allerdings eine "Preis-Achterbahn" gegeben, räumt die Expertin ein. Die enormen Zuwächse würden sich aber auf wenige angesagte Bezirke konzentrieren, "die Neubau-Gebiete am Stadtrand sind völlig uninteressant".

Wegen der immer noch vergleichsweise günstigen Preise in der deutschen Hauptstadt würden derzeit eben wahnsinnig viele Käufer in den Markt drängen, die Marktaktivität sei "unheimlich hoch". Deshalb würden sich die Preise nun auch "mit für Deutschland etwas ungewöhnlicher Geschwindigkeit anpassen". Stüdemann hält es aber auch für möglich, dass schon in wenigen Jahren wieder eine Trendumkehr einsetzt - und dann Eigentum in deutschen Städten "wieder billiger wird". (Martin Putschögl, derStandard.at, 17.4.2012)