Wien - Ein Teil der Wissenschaft ist "Luxus im guten Sinne" und soll es auch bleiben. Diese Ansicht vertrat der Rektor der in Tokio ansässigen UN-Universität, Konrad Osterwalder, Montag Abend bei einer Diskussion in Wien. Es sei zu billig zu argumentieren, dass beispielsweise die Experimente am Europäischen Kernforschungslabor CERN nur sinnvoll seien, weil beim Bau der Maschine technisch verwertbare Erkenntnisse abfallen. "Das kann nur ein Teil der Argumentation sein", es gehe auch um die menschliche Neugier, sagte der ehemalige Rektor der ETH Zürich.

Osterwalder plädierte für ein Neuüberdenken der Rollen von Staat, Wirtschaft und Wissenschaft. Die Wissenschaft müsse eine "Think-Tank-Funktion übernehmen und Wirtschaft und Politik stärker unterstützen", lautete eine von mehreren Prämissen, die er dazu formulierte.

"Qualität ist das oberste Ziel und Gebot, die Besten verdienen eine besondere Förderung", sagte Osterwalder weiters bei der vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) und dem Magazin "profil" veranstalteten Diskussion. Notwendig dafür seien "Zulassungskriterien für jede Uni und jede höhere Lehranstalt".

Das war natürlich Wasser auf den Mühlen von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, der seine Forderung erneuerte, dass die aufnehmende Institution mitreden müsse, wen sie nimmt. Derzeit entscheidet in Österreich ausschließlich die Schule mit der Matura, ob jemand an einer Uni studieren kann.

"Mehr Freiheit für die Wissenschaft"

Die Förderung der Exzellenz sollte nach Ansicht Osterwalders auch für Universitäten gelten. In Europa habe man bisher aber "in der Illusion gelebt, dass alle Unis gleich sind - ein nobler Ansatz, der aber zur Mittelmäßigkeit führt". Es gebe aber Beispiele wie die deutsche Exzellenzinitiative oder das Institute of Science and Technology (IST) Austria, dem entgegenzuwirken. Schließlich plädierte Osterwalder für mehr Vertrauen in und mehr Freiheit für die Wissenschaft. Qualitätskontrolle sei nötig, sie dürfe aber "nicht zum zeitfressenden Moloch werden".

Töchterle sprach von einer "nicht optimalen Situation", was Ansehen und Akzeptanz von Wissenschaft und Universitäten in Österreich betreffe. Einer der Gründe dafür sei, dass sich "Wissenschaft schlecht verkauft", schon als Rektor der Uni Innsbruck habe er immer wieder gesagt, die Unis müssten auch anderes kommunizieren als ihre Geldnot. Töchterle warnte aber auch davor, durch die Abfrage der Akzeptanz von "Wissenschaft und Technik", wie dies in Umfragen oft geschieht, den Wissenschaftsbegriff "dramatisch zu verengen". Wissenschaft sei mehr als Naturwissenschaft und Technik.

Die Kommunikation von Wissenschaft in Richtung einer breiten Öffentlichkeit sei nicht ausschließlich eine Bringschuld der Wissenschaft, betonte der stellvertretende RFT-Vorsitzende, Peter Skalicky. "Man kann die Gesellschaft nicht aus der Holschuld entlassen, sich dafür zu interessieren." (APA, 17.4.2012)