Wien  - Speziell mit der Jugendgesundheit werden sich im kommenden Sommer die Alpbacher Gesundheitsgespräche beschäftigen. Bei einer Diskussionsrunde ("Alpbach Talks") in der Wiener Albertina wurden Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich vor allem als soziale Frage und als Problem der Qualität in der Betreuung gesehen. Jedenfalls, so der Präsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, Klaus Vavrik: "Kinder und Jugendliche, die rauchen und trinken, sind nicht das Problem, sie haben ein Problem."

"Wir sagen 'Kinder sind der Schatz der Gesellschaft', andererseits werden wir zu einer kinderlosen Gesellschaft", erklärte der Kinderarzt, Kinder- und Jugendpsychiater, und wies damit auf den Zwiespalt zwischen sinkenden Geburtenraten, hohen Aufwendungen für Reproduktionsmedizin und Defiziten in vielen Bereichen der Wertschätzung und Betreuung von Kindern hin: "124.000 Familien sind allein erziehend, 90.000 armutsgefährdet."

Defizite in vorschulischer Betreuung

Das verpflichtende Kindergartenjahr sei zwar sinnvoll, aber gerade "kranke" und in ihrer Entwicklung bereits beeinträchtigte Buben und Mädchen würden nicht aufgenommen. Die Qualität der Kindergartenbetreuung sei ebenfalls diskussionswürdig, die Ausrichtung der Schule auf bloße Wissensvermittlung fragwürdig. Vavrik: "Bindung kommt vor Bildung. (...) Wir haben jährlich 25.000 Kinder, welche die Schule verlassen, ohne sinnerfassend lesen zu können."

Birgit Hartel, wissenschaftliche Leiterin des Charlotte Bühler Instituts für praxisorientierte Kleinkindforschung, äußerte sich ähnlich, die Defizite lägen zu einem Gutteil in der vorschulischen Kinderbetreuung - bei den Rahmenbedingungen: "In Kinderkrippen haben wir Gruppen von 15 Kindern auf einen Pädagogen bzw. Pädagogin und eine Assistentin." An sich wäre ein Schlüssel von einem erwachsenen Betreuer auf zwei Kinder ideal, in der EU gehe man von nicht mehr als fünf Kindern pro erwachsenem Betreuer aus. Vavrik und Birgit Hartel betonten beide, dass Versäumnisse in der frühen Kindheit für die Betroffenen und die Gesellschaft über Jahrzehnte hinweg negative Konsequenzen hätten.

Handlungsbedarf bei Alkohol und Zigaretten

Gesundheitsminister Alois Stöger konzedierte: "In der Tabakprävention und beim Alkohol hat die österreichische Gesellschaft Handlungsbedarf." Mit dem Nationalen Aktionsplan Ernährung und dem Kindergesundheits-Dialog habe man in seinem Ressort gerade in den vergangenen beiden Jahren wichtige Schritte gesetzt: "Wir wissen, wohin die Reise geht." Diese sei aber auf jeden Fall noch recht weit. (APA, 18.4.2012)