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In der Kritik: Der Tiroler Wirtschaftskammer- und ÖVP-Wirtschaftsbundpräsident Bodenseer.

Foto: apa/Standortagentur Tirol

Wien/Innsbruck - Die Forderung nach einer Wiedereinführung der Todesstrafe des Tiroler Wirtschaftskammer-Präsidenten Jürgen Bodenseer (ÖVP) hat für Rückrittsaufforderungen und Kritik gesorgt. Parteichef Michael Spindelegger wies die Forderung mit den Worten "Ich kommentiere nicht jeden Blödsinn" zurück. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sagte im Gespräch mit derStandard.at zu der Causa: "Es handelt sich um eine private Einzelmeinung des Jürgen Bodenseer, die in keinem Zusammenhang mit den Aufgaben einer wirtschaftlichen Interessenvertretung steht. Ich stehe voll zu den Bestimmungen des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes sowie zur Europäischen Menschenrechtskonvention." Bodenseer wurde am Dienstag zum fünften Mal als Chef des Tiroler ÖVP-Wirtschaftsbundes wiedergewählt.

"Zu weit gegangen"

Am Mittwochnachmittag ruderte Bodenseer schließlich zurück. Er wolle nun doch nicht mehr die Todesstrafe wiedereinführen, sondern habe sich "durch die aktuelle Berichterstattung zu dieser Äußerung hinreißen lassen, die sicherlich zu weit gegangen ist", zitierte die Online-Ausgabe der "Tiroler Tageszeitung" aus einem ihm zugeschriebenen Posting im Forum von TT.com. Er bedauere die Irritationen, die er mit diesem privaten Facebook-Eintrag ausgelöst habe.

Er habe den Eintrag aus einem emotionalen Impuls heraus getätigt, so Bodenseer. Er verwies auf die Beeinflussung durch "familiäre Vorfälle" und betonte, dass es sich um seine subjektive und persönliche Meinung gehandelt habe. "Die Äußerungen stehen in keinerlei Zusammenhang mit meinen politischen Funktionen und sind auch von mir alleine zu verantworten." Selbstverständlich kenne und respektiere er die geltende verfassungsrechtliche Lage in Österreich, erklärte Bodenseer.

SPÖ für Rücktritt

Zuvor hatten Vertreter der Tiroler SPÖ Bodenseer am Mittwoch zum Rücktritt aufgefordert. Der ÖVP-Politiker habe offenbar die Aufklärung verschlafen, meinte SPÖ-Landesgeschäftsführerin Christine Mayr in einer Aussendung. "Hammurabis Auge um Auge - Zahn um Zahn lässt grüßen", kommentierte Mayr die Bodenseer-Forderung. Er sei rücktrittsreif. Die Abschaffung der Todesstrafe sei "ein Meilenstein in der menschlichen Kulturgeschichte, sie ist ein zivilisatorischer Fortschritt." Sie zu hinterfragen zeuge von einem sehr bedenklichen Weltbild. Bodenseer sei wohl seine mangelnde Medienpräsenz zu Kopf gestiegen. Jetzt versuche er verkrampft, unter allen Umständen und sei es "mit noch so peinlichen Aussagen", wieder in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

"Mangel an Intelligenz"

Der geschäftsführende Tiroler ÖGB-Vorsitzende Otto Leist (SPÖ) sah in der "Todesstrafen-Meldung" nur "ein weiteres trauriges Kapitel im dicken Buch der entbehrlichen Bodenseer-Äußerungen". Bodenseer mangle es an sozialer Kompetenz und Intelligenz. Die letzte Meldung habe das Fass zum Überlaufen gebracht und lasse Rufe nach einem Wechsel an der Spitze der Wirtschaftskammer Tirol nur noch lauter werden. "Wir brauchen auch in Tirol eine verlässliche Sozialpartner-Vertretung statt eines populistischen und antiquierten Mannes von vorgestern", meinte Leist.

Auch Grüne Wirtschaft für Rücktritt

Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, forderte Bodenseer in einer Aussendung ebenfalls zum Rücktritt auf. "Dass ein Wirtschaftskammer-Präsident und hochrangiger ÖVP-Politiker die Wiedereinführung der Todesstrafe fordert, ist einzigartig und absolut unerträglich", so Plass.

Auch die Tiroler Landessprecherin der Grünen Wirtschaft, Angelika Hörmann, ist empört. "Damit hat Bodenseer bewiesen, dass er entweder charakterlich oder intellektuell nicht in der Lage ist, Vertreter der Tiroler UnternehmerInnen zu sein", so Hörmann. Es sei "vollkommen unverständlich", dass der Tiroler Wirtschaftsbund Bodenseer Dienstagabend in seinem Amt bestätigt habe.

BZÖ-Koordinator Markus Fauland lehnte in einer Aussendung die Forderung nach der Todesstrafe ebenfalls ab. In den USA zeige sich, dass diese nicht abschreckend wirke. Das BZÖ fordert stattdessen eine Verschärfung des Strafrechts. (APA/red, derStandard.at, 18.4.2012)