Wien - Die Bankenrettung hat Irland bisher 63,7 Mrd. Euro gekostet. Bis auf ein Institut wurden alle irischen Banken verstaatlicht, um diese vor dem völligen Zusammenbruch zu retten. Ursprünglich seien im 85-Milliarden-Hilfspaket von EU und IWF nur 30 bis 35 Mrd. Euro für die Banken vorgesehen gewesen, sagte der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Irland, Wilhelm Nest. Das Euro-Land musste im September 2010 unter den Rettungsschirm von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds flüchteten. "Die Krise ist nicht vorbei, aber das Schlimmste", betonte Nest.
Die irische Wirtschaft soll heuer um 0,9 Prozent wachsen, nach 0,7 Prozent im Vorjahr. Getragen wird das erwartete BIP-Plus von den Exporten. Rückläufig sind dagegen der private Konsum, Investitionen und auch die Immobilienpreise. "Eine Wohnung in Dublin kostet heute um 60 Prozent weniger als vor der Krise", erklärte der WKÖ-Wirtschaftsdelegierte. Nach der Euro-Einführung habe es aufgrund der niedrigen Zinsen in den Boomjahren 2003 und 2007 ein "Wachstum ohne Produktivität" gegeben. Allein rund 70 Mrd. Euro an "faulen Immobilienkrediten" wurden in die staatliche "Bad Bank" NAMA ausgelagert werden. Rund 80.000 irische Haushalte hätten einen notleidende Hypothekarkredit.
Referendum Ende Mai
Irland muss im Rahmen des mit der EU und dem IWF abgestimmen 4-Jahres-Sparprogramms das Budgetdefizit maßgeblich drücken. Für heuer wird ein Defizit von 8,3 Prozent des BIP anvisiert, nach 10,1 Prozent im vergangenen Jahr. Bis 2015 soll die Maastricht-Grenze von maximal minus 3 Prozent erreicht werden. Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor, Streichung von Sozialleistungen sowie die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent belasteten in der Vergangenheit den privaten Konsum.
Die Bevölkerung habe den Sparkurs bisher "zähneknirschend mitgetragen", so der Wirtschaftsdelegierte. Bei der heuer eingeführten sogenannten "Haushaltssteuer" von 100 Euro pro Jahr rege sich erstmals politischer Protest. Die Arbeitslosigkeit hat sich in den vergangen Jahren stark erhöht und lag im Dezember 2011 bei 14,3 Prozent, bei Jugendlichen sogar auf 28 Prozent.
Die irische Bevölkerung wird am 31. Mai bei einem Referendum über die Annahme des EU-Fiskalpakts abstimmen. Bei einer Umfrage vor 2 Wochen hätte die Zustimmung rund 60 Prozent betragen, erklärte Nest. Wenn Irland nach dem Auslaufen des derzeitigen Hilfspakets weiter Mittel aus dem Euro-Rettungsschirm ESM benötige, sei die Annahme des Fiskalpakts eine Voraussetzung.
Für ausländische Investoren ist Irland aber weiterhin als Wirtschaftsstandort interessant, vor allem im Pharma- und Informations- und Kommunikationstechnologiebereich. Auch für den Handelsdelegierten ist Irland als Wirtschaftsstandort weiter attraktiv. Das Land habe gut ausgebildete Arbeitskräfte, eine niedrige Körperschaftsteuer und sei das englischsprachige Eingangstor für die Eurozone.
Österreichs Exporte nach Irland sind 2011 um 4,9 Prozent auf 207,9 Mio. Euro gewachsen. Besonders gefragt waren heimische Chemikalien, Maschinen und Anlagen sowie Elektrogeräte. Geschäftschancen für österreichische Unternehmen in Irland gibt es laut dem Wirtschaftsdelegierten vor allem im Bereich "Life Science", Abwasser und Abfall sowie erneuerbare Energien. (APA, 18.4.2012)