Wien - Am Donnerstag beschließt der Aufsichtsrat der ums wirtschaftliche Überleben im Lufthansa-Konzern kämpfenden AUA (Austrian Airlines) zwecks Personalkostensenkung den Übergang des Flugbetriebs auf die bisherige Regionaltochter Tyrolean. Für den Fall wird auch ein neuer Name gesucht. Im Streit um die künftigen Tarifverträge und Organisationsstrukturen geht es aber nicht nur AUA-Bordbelegschaft gegen AUA-Management.
"Geschütztes Paralleluniversum"
Tyrolean-Piloten fliegen in ihren 24 Fokker- und 14-Bombardier-Flugzeugen um 20 bis 25 Prozent billiger als die AUA-Piloten heute. Die Tiroler Regionalflieger betonen bei jeder Gelegenheit von sich, der hochprofitable Kern der schwer defizitären AUA zu sein. "Geschütztes Paralleluniversum", ätzten dafür Belegschaftsvertreter in Wien schon öfter mal in Richtung Innsbruck.
Und jetzt im akuten KV-Streit, wo Dutzende AUA-Piloten ihre hohen Abfertigung einstecken und gehen und sogar schon Umschulungen von Tyrolean-Piloten auf (größeres) AUA-Fluggerät anlaufen, sind die Piloten in Wien-Schwechat noch zorniger: "Die Tiroler glauben jetzt wohl, sie können auf einmal alle 777er fliegen". Ein umgekehrter Fall würde als glatte Degradierung betrachtet, abgesehen vom Einkommensverlust.
Als die AUA 1994 mit zunächst knapp 43 Prozent bei Tyrolean einstieg, gab sie zugunsten der neuen Beteiligung den Lokal- und Nahverkehr auf. 1998 übernahm die AUA alle 100 Prozent der Aktien, die Rückumwandlung in eine GesmbH erfolgte 2001. Ende 2002 ging die damalige Rheintalflug in der Tyrolean auf. Als recht glücklos galt ebenfalls 2003 der von der Mutter AUA verfügte Markenumstieg von "Tyrolean" auf "Austrian Arrows", von Vielfliegern nach einer leidigen Pannenserie "Austrian Errors" getauft - beides in der Öffentlichkeit aber nicht sonderlich verbreitet.
Die AUA selber fliegt derzeit auf der Langstrecke mit 4 Boeing 777-200 und 6 Boeing 767-300, auf der Kurz- und Mittelstrecke mit 22 Airbus (A320) und 11 Boeing 737.
Suche nach neuem Namen
Tyrolean ist im AUA-Konzern kein kleiner Regionalflieger mehr, sondern fliegt Ziele in ganz Europa an. Mehr als jeder zweite Flug der AUA-Gruppe wird von "Tyrolean" operiert. Kommt es tatsächlich zur Umsetzung des AUA-Vorstandsplans eines Betriebs- oder Teilbetriebsübergangs - für den morgen zumindest die Organbeschlüsse anstehen - gibt es für AUA und Tyrolean einen neuen Namen. Tyrolean wird die AUA nicht heißen. Die Marke Austrian Airlines soll ja bleiben. Der Markenname liegt als teures Asset in der Lufthansa-Bilanz.
Nachdem der AUA-Vorstand im Februar den AUA-Bord-Kollektivvertrag aufgekündigt hat, um die Belegschaft mit der Drohung eines Zwangsumstiegs auf den kostengünstigeren Tyrolean-KV zu Verhandlungen um KV-Reformen zu bewegen, hat die Gewerkschaft vida - im übrigen ohne Wissen der Tyrolean-Mitarbeiter - den Tyrolean-KV gekündigt. Was das für einen rechtswirksamen KV-Umstieg nun wirklich heißt, werden zahlreiche Gutachter und Gerichte klären.
Lufthansa-Chef Christoph Franz hat unterdessen klargemacht, dass er bei der AUA nicht auf Dauer Verluste hinnehmen wird. Bei der Lufthansa gebe es keine "geschützte Zone" mehr, sagte er dem "Manager Magazin".
Weitere Käufe möglich
Franz kann sich trotz des harten Sparkurses seines Konzerns künftig noch Käufe von anderen Airlines vorstellen. Die Lufthansa brauche eine gewisse Größe, um sich langfristig zu behaupten, sagte Franz in dem Magazin-Interview auf die Frage, ob er Übernahmen ausschließe. "Deshalb würde ich nicht sagen, wir machen nichts mehr. Aber wir sehen uns ganz genau an, was wir uns zutrauen wollen."
Jedoch seien Käufe aufwendig, da die neu gekauften Fluglinien meist saniert werden müssten. "Airlines stehen nicht zum Verkauf, wenn sie hochprofitabel sind, sondern wenn es ihnen schlechtgeht."
Wie viel Arbeit das ist, erlebt Franz derzeit bei der AUA. Das Management in Wien ringt seit Monaten mit dem Bordpersonal um neue Tarifverträge, um die Kosten bei der verlustträchtigen Airline zu senken. Die Piloten etwa erhalten automatische jährliche Gehaltssteigerungen und eine üppige Pension vom Unternehmen. Diese Arbeitsverträge wollen die Piloten nicht aufgeben. Falls es nicht zu einer Einigung kommt, will die Lufthansa den Flugbetrieb der Airline auf die Regionalflugtochter Tyrolean Airways übertragen.
Lufthansa-Chef Franz wollte in dem Interview nicht sagen, ob Austrian dann geschlossen werden müsse. "Es ist unser Ziel und unser Ehrgeiz, die Sanierung von AUA hinzubekommen." Allerdings gebe es bei der Lufthansa keine geschützte Zone mehr, in der Verluste dauerhaft hingenommen werden könnten.
Die größte deutsche Fluggesellschaft war 2011 mit 13 Mio. Euro in die roten Zahlen gerutscht. Die Lufthansa unternimmt viel, um dieses Jahr wieder einen Überschuss auszuweisen. Wichtigste Maßnahme ist ein neues Sparprogramm, mit dem das Ergebnis bis 2014 um mindestens 1,5 Milliarden Euro gesteigert werden soll. (APA, 18.4.2012)