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In eine heutige Umgebung versetzt nimmt sich ein Diplodocus fehl am Platz aus - sein Wachstum zeigte aber schon zu seinen Lebzeiten Folgen.

Foto: APA/EPA/UWE ANSPACH

London/Berlin/Moskau - In der abgelaufenen Woche sorgte eine Meldung aus Tschetschenien für Stirnrunzeln: Im Kaukasus seien versteinerte Dinosauriereier von bis zu einem Meter Größe gefunden wurden - was weit jenseits der Dimensionen aller bisher bekannten Dino-Eier läge. In Russland hält man die Meldung für einen Tourismus-Gag, eine Moskauer "Expertin" wurde mit dem galligen Kommentar zitiert, dass die Dinosaurier nicht "wie eierlegende Ziegen durch die Berge gesprungen" seien ... was wiederum das Faktum außer Acht lässt, dass die Region im Erdmittelalter noch gar kein Gebirge war. Trotzdem handelt es sich bei den vermeintlichen "Rieseneiern" am wahrscheinlichsten um runde Verwachsungen von Mineralien, sogenannte Konkretionen.

Tatsächlich ist die geringe Größe von Dino-Eiern und - Neugeborenen im Verhältnis zu erwachsenen Tieren frappierend: Ein Muttertier von vier Tonnen konnte bis zu 2.500 Mal so schwer sein wie sein Junges - bei vergleichbar schweren Elefanten beträgt das Verhältnis 22:1. Und dieser ganz spezielle Wachstumszyklus könnte seinen Teil zum Aussterben der Dinosaurier beigetragen haben, berichtet ein Forscherteam um Marcus Clauss und Daryl Codron von der Universität Zürich im Fachjournal "Biology Letters".

Die Rahmenbedingungen

Dass Dinosauriereier nicht beliebig groß werden konnten, liegt an der Physik. Um stabil zu bleiben, braucht ein größeres Ei eine dickere Schale. Irgendwann würde diese Schale jedoch so dick werden, dass der Embryo darin keinen Sauerstoff mehr erhält - es ergibt sich ein natürlicher Grenzwert. Die Dinos starteten also als relative Winzlinge, egal wie gigantisch sie danach wurden. Das hat jedoch Folgen, welche die Dinosaurier in ihrer ökologischen Bedeutung fundamental von Säugetieren unterscheiden, erklären die Forscher.

Ein Säugetier, größenmäßig bei der Geburt nicht allzuweit von seinen Eltern entfernt, ernährt sich zunächst von Milch und nimmt damit keinem Tier einer anderen Spezies die ökologische Nische weg. Bei der Entwöhnung steigt es sofort auf dieselbe Nische um, die bereits seine Eltern besetzen. Ganz anders die Dinosaurier: Hier arbeitet sich ein heranwachsendes Jungtier von einer Nische zur anderen durch, ehe es schließlich bei der seiner Eltern ankommt. Während also bei den Säugern viele verschiedene Spezies jeweils in einer Nische leben, nutzten bei den Dinosauriern wenige Spezies das gesamte Angebot.

Die Dinosaurier bereiteten sich damit erhebliche "Binnenkonkurrenz", glauben die Forscher. Während sich Säugetiere gleichmäßig über ein breites Größenspektrum verteilen, gab es verhältnismäßig wenige Dino-Spezies mit einem Gewicht zwischen 2 und 60 Kilogramm, sagt der Paläontologe Daryl Codron. Mit ein Grund dafür sei die Nahrungskonkurrenz durch Spezies gewesen, die die für solche Tiere geeigneten ökologischen Nischen gleichsam im Vorübergehen besetzten, ehe sie aus ihnen herauswuchsen. Die Evolution der Vögel als Teil der Dinosaurier wertet Codron als Beispiel für eine erfolgreiche "Flucht" in eine freie Nische.

Der Untergang

Diese Lücke im Größenspektrum habe sich dann als fatal erwiesen, als der vermutete Meteoriteneinschlag vor 65 Millionen Jahren die globalen Lebensbedingungen extrem verschlechterte und für Großtiere sogar vorübergehend unmöglich machte. Viele Pflanzen wuchsen nach der Katastrophe nicht mehr - die Nahrungsgrundlage für größere Pflanzenfresser verschwand. Mit ihnen starb wiederum die Nahrung großer Fleischfresser. Auch der mittlere Teil des Größenspektrums - bis hinunter auf 25 bis 10 Kilogramm - war von der Katastrophe betroffen.

Tieren unterhalb dieser Größe dagegen gelang es Clauss zufolge auch unter sehr bescheidenen Verhältnissen zu überleben: Sie fraßen kleine Restmengen von Pflänzchen, Insekten und andere wirbellose Tiere. Da es aber kaum Dinosaurier dieser Größe gab, war deren Nischen-Kampf mit der Vielzahl an kleinen Säugetieren schnell verloren. (red, derStandard.at, 11.4.2012)