Bild nicht mehr verfügbar.

Singt komplex wie ein Singvogel: der Klippschliefer.

Foto: APA/EPA/MARTIN SCHUTT

London/Wien - Der Klippschliefer gehört zweifellos zu den bizarreren Säugetieren dieses Planeten. Auf den ersten Blick könnte man das in Afrika und der arabischen Halbinsel verbreitete Tier für eine Kreuzung aus Murmeltier und Meerschweinchen halten - dabei sind die Tiere gar keine Nager: Laut genetischen und anatomischen Untersuchungen ist einer ihrer nächsten Verwandten - man glaubt es kaum - der Elefant.

Doch der unvermutete Stammbaum ist nicht das einzige Kuriosum, mit dem die kaninchengroßen Tiere aufwarten. Klippschliefer verfügen nämlich auch über ein erstaunlich komplexes Kommunikationssystem, wie Forscher um Arik Kershenbaum von der Universität Haifa herausgefunden haben. Neben den alltäglichen Lauten erzeugen die Männchen mitunter minutenlange Gesänge.

Kershenbaum und seine Kollegen haben für ihre Studie, die in den "Proceedings B" der Royal Society erschien, Gesangsbeispiele verschiedener Klippschliefergruppen aus unterschiedlichen Gegenden Israels aufgezeichnet und dann am Computer minutiösen Analysen unterzogen. Die Abfolge der Quietsch- und Grunzlaute entpuppte sich dabei als alles andere als zufällig. Die Gesänge der Klippschliefer bilden vielmehr - ganz ähnlichen jenen von Singvögeln - Strophen und folgen einer geordneten Struktur.

Dass auch Säugetiere auf diese Weise singen können, ist bislang kaum erforscht. Allenthalben weiß man, dass Wale, aber auch Primaten und Mäuse zu derart komplexen Klangfolgen in der Lage sind. Doch die Besonderheiten der Klippschliefergesänge gehen noch weiter. Als die Forscher die Lautfolgen der Tiere nach ihrer Herkunft analysierten, zeigten sich erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen Tieren der gleichen Region.

Die Forscher folgern daraus nicht nur, dass es bei den Tieren regionale Dialekte gibt, sondern auch, dass Klippschliefer ihre Gesänge durch Zuhören erlernen dürften. (tasch/DER STANDARD, 19.4. 2012)