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Schröder, Chirac und Simitis bei der Diskussion über die Agrarreform

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Und aus! Frankreichs Chirac hat mit einer Vetodrohung ein Aussetzen der Verhandlungen zur EU-Agrarreform erzwungen.

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Porto Karras/Luxemburg/Berlin - Die Szenen beim EU-Gipfel in Porto Karras auf Chalkidike sprachen Bände: EU-Ratspräsident Costas Simitis versuchte den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac heftig gestikulierend davon abzuhalten, die umstrittene Agrarreform zum Thema des Treffens der Staats- und Regierungschefs zu machen. Hauptstreitpunkt weiterhin: Inwieweit die Milliardengelder an Landwirte von der Produktionsmenge entkoppelt werden sollen.

Der Widerstand Chiracs hat innenpolitische Gründe. Er will sich nach Gewerkschaftsprotesten gegen die Pensionsreform nicht noch einen Bauernaufstand einhandeln. Nach mehrtägigem Ringen der Landwirtschaftsminister in Luxemburg legte daher Frankreich in der Nacht auf Freitag ein Veto ein, das Nationalstaaten zusteht, wenn sie "lebenswichtige nationale Interessen" bedroht sehen. Dann können sie einen Mehrheitsbeschluss verhindern.

Beschwerde über Künast

Chirac soll sich bei Deutschlands Kanzler Gerhard Schröder weiters über die grüne Agrarministerin Renate Künast beschwert haben, die - entgegen der Abmachung - Fischlers Vorschlag unterstützt hätte. Künast, wie Fischler eigentlich für die Entkoppelung, hielt den Kompromiss für akzeptabel. Für die Unterstützung im Agrarstreit hatte Frankreich als Gegenleistung Deutschland Hilfe gegen die EU-Übernahmerichtlinie zugesagt.

Im jüngsten Kompromissvorschlag wurde von einer totalen Entkoppelung abgesehen. Die Staaten sollten unter Alternativen wählen. Bei Fleisch stünden etwa zur Wahl: eine generelle Entkoppelung von 70 Prozent der Prämien oder zu 100 Prozent gekoppelte Mutterkuhprämien sowie 50 Prozent produktionsgebundene Zahlungen für Schafe und Ziegen. Bei Getreide sollen 25 Prozent gekoppelt bleiben.

Prämien kürzen

Ab 2005 sollen weiters die Prämien gekürzt und in Töpfe zur ländlichen Entwicklung umgeschichtet werden ("Modulation"). Jeder Staat soll mindestens 80 Prozent zurückerstattet bekommen - anders formuliert: nicht mehr als 20 Prozent verlieren. Die Senkung der garantierten Preise für Getreide und Milch fällt nicht mehr so stark aus wie geplant. Im Milchbereich soll das Quotensystem bis 2014/15 verlängert werden.

Landwirtschaftskommissar Franz Fischler betont, bei der laufenden WTO-Runde stehe man wegen der Subventionen unter Druck. Am Mittwoch verhandeln die Minister weiter. (ina, afs, szem, APA, Der Standard, Printausgabe, 21.06.2003)