Laibach/Wien - Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des Kommunismus und nach monatelangen Verhandlungen will das slowenische Parlament diesen Donnerstag ein Gesetz über die Kriegsgräberfürsorge beschließen. Umstritten war bis zuletzt, wie der nach dem Zweiten Weltkrieg von den Kommunisten umgebrachten Nazi-Kollaborateure und "Klassenfeinde" gedacht werden soll. Bei der Parlamentsdebatte am Dienstag kamen diesbezüglich erneut tiefe ideologische Gräben zwischen den Nachfolgeparteien des ehemaligen Regimes und der rechtsgerichteten Opposition zu Tage.

"Verharmlosung"

Die Opposition warf den Regierungsparteien in der emotionalen Parlamentsdebatte vor, die Massenmorde verharmlosen zu wollen, indem sie die kommunistischen Gräueltaten im Gesetz nicht explizit anführte. "Sie sprechen im Gesetz von Nachkriegs-Ereignissen. Wir sprechen von Revolutionsgewalt. Nachkriegsereignisse sind zwar ein ideologisch unstrittiger, aber leerer, Begriff. Das wäre so, als wenn wir die Opfer der Konzentrationslager als Opfer von Kriegszufällen bezeichnen würden", kritisierte Janez Drobnic (NSi) nach Angaben der Nachrichtenagentur STA. Sein Parteikollege Jozef Bernik ergänzte: "Wer würde es wagen, zu sagen, dass sich in Srebrenica oder Vukovar "Ereignisse" zugetragen haben. Das waren Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nie verjähren."

"Geschichtsklitterung"

Cveta Zalokar Orazem von den Liberaldemokraten (LDS) sagte dagegen, die Abänderungsanträge der Opposition zielten darauf ab, "den Volksbefreiungskampf zu entwerten und umgekehrt jemanden zu rehabilitieren". "Das riecht nach Geschichtsklitterung", wandte auch Miran Potrc von der linksgerichteten Vereinigten Liste der Sozialdemokraten (ZLSD) ein. Janez Podobnik von der an der Regierung beteiligten konservativen Slowenischen Volkspartei (SLS) räumte allerdings ein, dass seine Partei der Regierungsvorlage nur "mit einem bitteren Beigeschmack" zustimme. Alle Abänderungsanträge der Opposition wurden von den Koalitionsparteien, die im Parlament über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügen, abgelehnt.

Aufgeflammt

Die Debatte um die kommunistischen Massenmorde nach dem Zweiten Weltkrieg hatte im Sommer 2001 an Aktualität gewonnen, als bei Windisch-Feistritz in Ostslowenien ein Massengrab entdeckt wurde. Erstmals bedauerten höchste Staatsvertreter wie der damalige Ministerpräsident Janez Drnovsek offiziell diese Gräueltaten und kündigten an, für eine würdige Bestattung der Opfer sorgen zu wollen. Schätzungen zufolge sind in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet des heutigen Slowenien bis zu 300.000 Menschen ums Leben gekommen, wobei die Hälfte der vermuteten Massengräber bisher noch gar nicht entdeckt worden ist.

Noch im Jahr 2001 brachte die Regierung einen ersten Entwurf für das Kriegsgräbergesetz ein. Umgehend entbrannte ein heftiger Polit-Streit, in dem es nur vordergründig um den Inhalt des Gesetzes ging. So wurde monatelang um die Formulierung der Grabaufschriften gerungen, ohne dass Links- und Rechtsparteien einander näher kamen. Während die Regierung für den Text "Den Opfern des Krieges und der Tötungen nach dem Krieg" eintrat, wollte die Opposition die Gräber "Den Opfern des Kriegs und der Revolution" gewidmet sehen. Parlamentspräsident Borut Pahor (ZLSD) bemühte sich in mehreren Sitzungen vergebens um einen parteiübergreifenden Konsens. (APA)