Wien - Rund 12.000 Teilnehmer aus über 90 Ländern werden kommende Woche zur Generalversammlung der "European Geosciences Union" (EGU) in Wien erwartet. Beim weltweit zweitgrößten Geowissenschafter-Kongress im Austria Center Vienna stehen wieder brisante Themen auf dem Programm, die von Extremereignissen wie Hochwasser oder Erdbeben über den Klimawandel und seine Auswirkungen bis zu bewohnbaren Welten im Universum und den knapper werdenden mineralischen Rohstoffe reichen.

Die EGU hält seit 2005 ihre Generalversammlung in Wien ab. Als neuer Präsident der EGU wird bei dem Kongress der Leiter der Abteilung Ingenieurhydrologie und des Centre for Water Resource Systems an der Technischen Universität (TU) Wien, Günter Blöschl, inauguriert.

Die Fukushima-Katastrophe des Vorjahres ist noch immer ein zentrales Thema der Veranstaltung. Zwölf Vorträge haben Fukushima im Titel, 93 weitere Präsentationen und zwei Pressekonferenzen beschäftigen sich mit Tsunamis und Frühwarnsystemen, so Martin Rasmussen, Kongressverantwortlicher der EGU.

Thema Publikation von Forschungserkenntnissen

Die "Großen Debatten" des Kongresses sind heuer zwei Themen gewidmet, wie Blöschl erklärt. Einerseits geht es um wissenschaftliches Publizieren und den "starken Trend zu Open Access", also den freien Zugang zu Publikationen für jedermann. Andererseits dreht sich ein Schwerpunkt um die Rolle und Verantwortung der Geowissenschafter bei der Warnung vor Naturkatastrophen.

Der Eindruck, dass solche Extremereignisse häufiger werden, stimmt nur teilweise. Im Fall von Hochwässern gebe es tatsächlich in manchen Regionen eine Zunahme, bei Erdbeben und Starkwind-Ereignissen sehe man dagegen keine Trends, sagte Blöschl. Allerdings würden die Schäden durch solche Ereignisse deutlich größer.

Nicht vorhersehbare Ereignisse

Blöschl weist in diesem Zusammenhang auf ein relativ neues Thema in der Geowissenschaft hin, sogenannte "Black-Swan-Events", also Ereignisse, die man nicht vorhersehen konnte und die in dieser Art bisher noch nicht aufgetreten sind. "Der Name stammt daher, dass man vor der Entdeckung schwarzer Schwäne in Australien nur weiße Schwäne beobachtet hatte und daher annahm, dass alle Schwäne weiß seien", so Blöschl.

Die Finanzkrise sei ein solches kaum prognostizierbares Ereignis gewesen, von dem im Rückblick viele sagten, dass es gar nicht so überraschend gekommen sei. Ähnliches gelte für Hochwässer, Hangrutschungen oder Erdbeben. "Hier hat in der Geowissenschaft ein Umdenken eingesetzt, dass solche Ereignisse real sind und dass man sich darauf einstellen muss", sagte Blöschl. (APA/red, derStandard.at, 20.4.2012)