Achilles tötete Hektor im Zweikampf und schleifte den Leichnam mit seinem Streitwagen dann dreimal um die Mauern Trojas. Er war voll rasender Wut und Rachsucht, weil sein Freund (Liebhaber?) Patroklos vorher von Hektor getötet worden war. Die Schändung der Leichname getöteter Feinde ist ein fixer Bestandteil des Krieges von alters her. Und nicht nur im griechischen Heldenzeitalter mit seiner selbstverständlichen Grausamkeit.

Damals hatten wir Homer, heute die Handykamera. Und so kommen in regelmäßigen Abständen schauerliche Bilder auf uns zu: US-Soldaten, die mit Leichenteilen von afghanischen Kämpfern posieren. Für die, die sich über "die barbarischen Amerikaner" empören: Es gibt dutzende, wenn nicht hunderte Fotos, die ganz normale Wehrmachtssoldaten von der Erschießung von Juden und russischen, serbischen, griechischen etc. Zivilisten aufgenommen haben. So wie es Aufnahmen eines US-Marine gibt, der in Somalia hinter einem Auto hergeschleift wird. Oder von Japanern, die das Kopfabschlagen mit dem Samuraischwert an chinesischen Zivilisten üben.

Die Armeen demokratischer Staaten begehen seltener Kriegsverbrechen und Schändungen dieser Art. Aber der Atavismus bricht durch, immer und immer wieder. Hektors Leichnam wurde übrigens vom Gott Apoll vor Entstellung geschützt. Das ist allerdings eine Dichtung. (rau, DER STANDARD, 21./22.04.2012)