Wien - Ein Subauftrag der bei der Beratung des Buwog-Verkaufs siegreichen Investmentbank Lehman Brothers rückt den Investmentbanker Karlheinz Muhr ins Zentrum von Investigationen, berichtet das Wirtschaftsmagazin "Format" in seiner jüngsten Ausgabe. Muhrs US-Firma Valoris Advisors habe für den Auftrag in Summe 433.820 Euro erhalten, aber dem Auftraggeber Lehman dafür nichts Schriftliches geliefert. Ermittler vermuten, dass das Geld als versteckte Erfolgsprovision für die Vermittlung des Buwog-Mandats an Lehman geflossen ist, so das Magazin. Muhr weist das zurück.

Muhr ist ein Freund von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F/V). Grasser soll sich nach Angaben seines früheren Kabinettsmitarbeiters Michael Ramprecht für Lehman eingesetzt haben. Der Ex-Minister bestreitet dies und bezichtigt Ramprecht der Lüge. Der Lehman-Auftrag könnte mit Muhrs Nähe zu Grasser zu tun haben, vermuten Ermittler. Muhr bestreitet das. "Richtig ist, dass ich mit ihm befreundet bin", sagt er. "Auf die Frage, warum ich im Sub für Lehman tätig wurde, gebe ich an, dass das in meiner fachlichen Expertise zu sehen ist. Es gibt keinen Europäer, der über mein Fachwissen verfügt."

Gerichtsprotokoll zitiert

Auch die Grüne U-Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Moser soll sich für das neue Protokoll interessieren, weil Muhr für sie eine zentrale Figur im Fall Buwog sei. Muhr ist für nächsten Dienstag (24.4.) als Zeuge in den Korruptions-U-Ausschuss des Parlaments geladen.

"Format" zitiert aus einem Gerichtsprotokoll, in dem der Richter unter anderem auch den Subberatervertrag zwischen Valoris Advisors, wo Muhr Minderheitsgesellschafter war, und Lehman genauer hinterfragt. Muhr sei im Jänner 2012 am Wiener Handelsgericht als Kläger in einem Zivilverfahren einvernommen worden.

In vier Monaten 400.000 Euro

"Meine Tätigkeit in der Volaris als Sub für Lehman war das Erstellen von Finanzmodellen", wird Muhr zitiert. Buwog-Einnahmen und Chancen für Mortgage Backed Securities an den Finanzmärkten habe er untersucht. Gearbeitet worden sei von Ende April bis Anfang September 2002. Für die vier Monate zahlte Lehman 433.820 Euro, die in drei Tranchen von März 2003 bis Juni 2004 auf ein US-Konto von Muhrs KM Management überwiesen wurden. Das entspreche 10 Prozent des Nettohonorars, das Lehman von der Republik für die Buwog-Beratung bekam. Dies stehe auch im Lehman-Brief vom 26. April 2002 an Muhr, berichtet "Format".

Und sie wissen nicht was sie tun

Muhr tat sich aber vor Gericht offensichtlich schwer, seine Beratungsleistung zu erklären: "Der Richter fragt wiederholt nach der Tätigkeit der Volaris, der Kläger ist nicht in der Lage, dem Richter zu schildern, worin die Tätigkeit der Volaris besteht", zitiert das Magazin weiter aus dem Gerichtsprotokoll. Der Richter habe mehrere Anläufe gemacht, "um vom Kläger eine Antwort zu erhalten, was Volaris für Lehman Brothers um 433.820 Euro tatsächlich geleistet habe, und der Kläger (sei) trotz dieser Bemühungen des Richters nur in der Lage gewesen, einzelne Wörter, die in ihrer Gesamtheit keinen Sinn ergeben haben, zu äußern."

Schriftliche Berichte an Lehman hat es auch nicht gegeben: Befragt zur Marktbeobachtungs- und -analysetätigkeit, sagte Muhr: "Die Ergebnisse der mehrmonatigen Tätigkeit von Volaris wurden mit Vertretern von Lehman Brothers einige Male mündlich besprochen, es gibt nichts Schriftliches." Auch auf Nachfrage des Richter sagte Muhr: "Volaris hat diese Rechenmodelle nicht Lehman Brothers übergeben, wir haben das nur mündlich mit Vertretern von Lehman besprochen." Dass Lehman von Valoris keine schriftlichen Dokumente gefordert habe, sei schwer vorstellbar, so das Magazin.

"Das Lehman-Team hat diese Ergebnisse in die von ihm ausgearbeitete Strategie miteinbezogen. Mit dem Zuschlag der Republik Österreich an Lehman Brothers war die Tätigkeit von Volaris im Wesentlichen beendet", sagte Muhr. Sie wurde an die Credit Suisse verkauft.

Valoris brauchte den Deal

Die brisante Muhr-Aussage nähre den Verdacht der Buwog-Ermittler, dass die 433.820 Euro nicht für Beratung gezahlt wurden, sondern als versteckte Erfolgsprovision, die für die Vermittlung des Buwog-Mandats an Lehman geflossen sind, so "Format".

Muhr bestreite den Verdacht zwar vehement, doch aus Ermittlersicht gebe es einige Indizien, die dafür sprechen: Volaris arbeitete zwar von April bis September 2002 für Lehman. Doch das Geld floss erst 2003, also nachdem Lehman den Buwog-Auftrag in der Tasche hatte. Auch das Zehn-Prozent-Honorar mache als Vermittlungsprovision mehr Sinn. Ohne Deal wäre Volaris ums Geld umgefallen. (APA, 20.4.2012)