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Die ÖBB hat nicht nur Bedarf an Schienen, sondern auch an frischem Geld für den Güterverkehr. Zu diesem Behufe soll die ÖBB-Holding der Rail Cargo Austria ein Darlehen gewähren.

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Wien - So rasch die Republik Ermächtigungen für verkehrswirtschaftlich umstrittene milliardenschwere Bahntunnels durchpeitscht, so knausrig ist sie beim Geld für Personenverkehrszüge und ihren Güterverkehr. Die vor zwei Jahren fast kollabierte ÖBB-Güterverkehrssparte Rail Cargo Austria (RCA) muss sich das von ÖBB-Holding-Chef Christian Kern (und seinen Vorgängern) für Sanierung und Wachstum wiederholt geforderte Kapital nun bei den Banken holen. 

Am Dienstag soll der Holding-aufsichtsrat ein Gesellschafterdarlehen für die RCA beschließen, mit dem die Liquidität der von Wirtschaftskrise und Expansion in Ungarn gezeichneten Tochter spürbar aufgefrischt wird. Beschaffen wird das Geld - es geht um eine Größenordnung von rund 200 Millionen Euro - die Holding, und zwar nicht in Form einer Anleihe, wie das der Teilkonzern ÖBB Infrastruktur für den Bahnausbau seit Jahrzehnten tut, sondern bei Kreditinstituten.

Dünne Eigenkapitaldecke

An RCA soll davon frisches Geld in der Größenordnung von rund 150 Millionen Euro weitergereicht werden, das die unter Eigenkapitalschwund leidende Gütersparte allerdings nicht als Eigenkapital verbuchen kann. Das Fremdkapital ist mit Zinsen zurückzuzahlen. Die über die Jahre dünn gewordene Eigenkapitaldecke wird dadurch also nicht dicker. Sie betrug bei der Leitgesellschaft RCA AG, das ist im Wesentlichen der ertragsschwache Schienengüterverkehr in Österreich, Ende 2011 knapp elf Prozent. Weitere 50 bis 70 Millionen Euro kann RCA selbst aufbringen, sie stammen laut ÖBB aus dem RCA-Cashpool, wurden also im RCA-Konzern aufgespürt, der Großteil in der Speditionssparte Express-Interfracht. 

Warum die Liquiditätszufuhr gerade jetzt und einigermaßen plötzlich notwendig ist, darüber gab das Bahnmanagement am Freitag keine Auskunft. Es handle sich um einen ganz normalen Refinanzierungsvorgang in Höhe von 225 Millionen Euro, teilte eine ÖBB-Sprecherin mit. Dabei werde lediglich eine Bankenfinanzierung durch eine andere, längerfristige ersetzt. Die Maßnahme sei „bereits länger geplant und auch in der Mittelfristplanung berücksichtigt", wie betont wurde.

Überraschend kommt sie dennoch. Denn wohl versuchte die Mitte 2010 installierte Bahnführung, ihren Eigentümervertretern in der Regierung einen Kapital_einschuss seit Sommer 2010 schmackhaft zu machen, sie blitzte damit allerdings mehrfach ab. Im Gegensatz zum Verbund, an dessen Kapitalerhöhung sich die Republik sehr wohl beteiligt hat. 

Im November 2010 hatte die ÖBB-Führung bei Vorlage des Sanierungs- und Wachstumsplans für die RCA intensiv auf eine Kapitalerhöhung im Volumen von 400 Millionen Euro gedrängt, aber eingeräumt, die Sanierungskosten bis 2014 im ÖBB-Konzern allein stemmen zu können. Der Preis für die erstmals im Frühjahr 2011 entrierte fremdfinanzierte Variante ist nun zu stemmen. Alternativ diskutiert wurde auch eine Finanzierungvariante mit einem Bankenkonsortium durch den Teilkonzern RCA selbst, was aber ebenfalls verworfen wurde. Um direkten Einfluss von Bankern auf die RCA hintanzuhalten, wie es in informierten ÖBB-Kreisen heißt.

Italien sucht Bestbieter 

Um zehn Milliarden statt ein paar hundert Millionen Euro geht es beim umstrittenen Brennerbasistunnel (BBT). Die BBT SE nähert sich dem 40 Kilometer langen Hauptstollen. Am Freitag wurde die Ausführungsplanung im Volumen von 28,05 Mio. Euro für den Haupttunnel im Amtsblatt der EU ausgeschrieben. Die Angebotsfrist für die zwei italienischen Baulose läuft bis 25. Juli, gesucht werden Bestbieter. Die Angebote sollen bis Herbst 2012 von einer international besetzten Kommission bewertet werden. Die Planung soll Ende 2012 beginnen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 21./22.4.2012)