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Über die Machenschaften am Bezirksgericht Dornbirn werden immer neue Details bekannt.

Foto: APA/dpa/Hans Wiedl

Salzburg - Die Erinnerungslücken des früheren Geschäftsstellenleiters am Bezirksgericht Dornbirn Jürgen H. (46) zeichneten sich in der vierten Hauptverhandlung des Testamentsfälscherprozesses deutlich ab. Der geständige Erstangeklagte nehme Medikamente und könne sich deshalb schlecht erinnern, sagte er. Seine Befragung wurde frühzeitig abgebrochen, weil es ihm nicht gut gehe.

Doch wenn es um Fakten zu bereits verstorbenen Gerichtsbediensteten geht, ist das Gedächtnis des Hauptangeklagten Jürgen H. gut: In den 80er-Jahren, als H. am Gericht begann, sei regelmäßig von ihm verlangt worden, Dokumente mit anderen Namen zu unterzeichnen, auch Testamente seien ihm diktiert worden. Zudem seien bei der fortlaufenden Nummerierung des Urkundenregisters Lücken gelassen worden, um später Verträge rückwirkend eintragen zu können.

Bei Aussagen zu den drei nichtgeständigen Gerichtsbediensteten bleibt H. vage: Am Anfang habe er Kurt T. und Clemens M. durch geschicktes Vorgehen zur Mithilfe verleitet. Als die Malversationen für sie offensichtlich waren, hätten die beiden trotzdem mitgemacht. Der Satz "jetzt fälsche ich etwas" sei aber nie gefallen. Nur so weit kann sich H. erinnern: "Ich habe zu Kurt T. gesagt: 'Ich muss das Testament nachträglich erfassen, damit es echt aussieht.'"

"Countdown" bei Bierrunden

Zur Rolle des Mitangeklagten Walter M., der den Erstangeklagten "angelernt" habe, sagte H. er habe "anhanglose vermögende Leute im Blick gehabt". Zudem habe M. noch schnell zwei Wochen vor dem Tod von geeigneten Personen Gerichtsbedienstete zu ihnen nach Hause geschickt, um Blankounterschriften einzuholen. In den Bierrunden in der Kantine sei "Jetzt geht der Countdown los" verkündet worden, wenn die letzten lebenden Verwandten verstarben. Dann wurden weitere Schritte gesetzt.

Die Beute sei zwischen seinem Freund, dem ehemaligen Immobilienhändler Peter H. (49), der für Vermarktung und Veranlagung der Beute zuständig war, und ihm geteilt worden, wobei H. seinen Anteil wiederum mit einem verstorbenen Vorarlberger Anwalt teilen wollte. Insgesamt soll nach einer groben Schätzung ein Gesamtschaden von rund zehn Millionen Euro entstanden sein. Die ersten 1,4 Millionen Euro, die an Vermögenswerten sichergestellt wurden, können in den nächsten Tagen an die Privatbeteiligten ausbezahlt werden. (Stefanie Ruep, DER STANDARD, 24.4.2012)