Die arme SPÖ! Gedemütigt wird sie im Untersuchungsausschuss. Regelrecht in Geiselhaft genommen, beklagt sich Hannes Jarolim, der SPÖ-Fraktionschef. Die schreckliche Wahrheit: Es wird Koalitionstreue eingefordert.

Im bitteren Alltag heißt das: Wenn die ÖVP bestimmte Zeugen nicht haben will, dann werden sie eben nicht geladen. Die SPÖ hat das bisher schulterzuckend hingenommen. Und wenn doch einmal bestimmte schwarze Zeugen geladen werden, dann müssen im Gegenzug auch ein paar rote Zeugen geladen werden. Damit die Schmerzen gleich verteilt sind. Die SPÖ hat das eingesehen.

Ein Geben und Nehmen von Demütigungen. Man könnte mit Jarolim und seiner dermaßen in die Unterwerfungsgeste gezwungenen Partei fast Mitleid bekommen. Nur fast.

Natürlich ist es aufgefallen, dass die SPÖ im Ausschuss nach der Pfeife der ÖVP tanzt. Die SPÖ hat bis jetzt nicht nur das gemacht, was die ÖVP will, sie hat es auch verteidigt. Jarolim selbst hat es verteidigt. Eine Farce. Jetzt begehrt er auf: Die ÖVP möge sich doch bitte am Riemen reißen, so kann das nicht weitergehen, beklagt sich Jarolim - in aller Öffentlichkeit.

Jetzt müsste der SPÖ-Mandatar noch den Mut finden, mit diesem Anliegen zum Koalitionspartner zu gehen und das dort zu besprechen. Dann ließe sich diese Demütigung vielleicht abstellen, auch im Interesse der Aufklärung. (Michael Völker, DER STANDARD, 24.4.2012)