Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat im Ö1-"Morgenjournal" die steigende Zahl unrechtmäßiger Kündigungen von Schwangeren kritisiert. Offiziell wurden 2011 nur zwölf Fälle registriert, aber "die Dunkelziffer beträgt weit mehr als hundert Frauen", so die Ministerin. "Und jede Frau, die wegen einer Schwangerschaft gekündigt wird, ist eine zu viel", betonte Heinisch-Hosek.

Beweisumkehr bei Kündigung von Schwangeren

Im Ministerrat am Dienstag forderte sie umgehend eine "Beweisumkehr" im Falle von Kündigungen von Schwangeren in der Probezeit, bei befristeten Dienstverhältnissen oder beim Wiedereinstieg. Demnach sollen künftig die ArbeitgeberInnen beweisen müssen, dass keine Diskriminierung vorliegt.

Mitterlehner "offen für Gespräche"

Wirtschaftsminister Mitterlehner zeigte sich offen für Gespräche mit den Sozialpartnern. Er wollte sich aber nicht darauf festlegen, ob eine Änderung überhaupt notwendig ist. Die Wirtschaftskammer sah jedenfalls keinen Handlungsbedarf und verwies auf die geringe Zahl an Fällen.

Markanter Anstieg bei geringer Zahl

Schwangere sind gesetzlich vor Kündigung geschützt, doch die Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt hat in letzter Zeit eine Zunahme unrechtmäßiger Kündigungen festgestellt. 2009 wollten neun Betroffene gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber gerichtlich vorgehen, 2010 waren es sechs. Das aktuelle Jahr hat bereits mit mehreren Beschwerden begonnen. Allein bis Anfang Februar 2012 wurden drei Beschwerdefälle registriert.

Formen der Diskriminierung

Die Kündigungen werden zum Teil vorsorglich, sprich "auf Verdacht" einer Schwangerschaft ausgesprochen. Für die Kündigung selbst würden dann andere Gründe vorgeschoben. Ein weiteres Problem sei die Probezeit. In der Probezeit bestehe zwar kein besonderer Kündigungsschutz, dennoch sei es rechtswidrig, Frauen aufgrund einer Schwangerschaft zu kündigen. Schwangere werden aber auch aus einem regulären Arbeitsverhältnis gekündigt oder wenn sie aus dem Mutterschutz oder der Karenz an den Arbeitsplatz zurückkehren.

Die Frauenministerin verwies Betroffene an die Beratungseinrichtungen der Arbeiterkammer, des ÖGB und des Bundeskanzleramts. Denn "das gehört gestoppt", so Heinisch-Hosek.

Grüne fordern Verlängerung der Behaltefrist

Eine prompte Reaktion auf den Vorstoß der Frauenministerin kam von Grünen-Frauensprecherin Judith Schwentner. Sie hält Appelle an die Wirtschaft für keine zielführende Maßnahme, um diesen Missstand zu beenden, stattdessen solle an den bestehenden Gesetzen nachgebessert werden. "Die Behaltefrist von vier Wochen nach der Karenz ist viel zu kurz. Eine Ausdehnung auf ein halbes Jahr würde den Kündigungen von schwangeren Frauen ein rasches Ende setzen", so Schwentner. Die Frauenministerin sei gefordert, für eine dementsprechende Maßnahme zu kämpfen.

Wirtschaftskammer lehnt Vorstoß ab

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich offen für Gespräche mit den Sozialpartnern. Er wollte sich aber nicht darauf festlegen, ob eine Änderung überhaupt notwendig ist. Martin Gleitsmann, Leiter der sozialpolitischen Abteilung in der Wirtschaftskammer, sieht keinen Handlungsbedarf und verweist auf den bestehenden "vorbildlichen" Schutz für Eltern in Österreich und die angesichts von jährlich rund 77.000 Geburten geringe Fallzahl. Demnach seien zwölf Fälle aus dem Vorjahr bekannt, in denen Schwangere gekündigt wurden. "Die Idee der Beweislastumkehr widerspricht dem Rechtsstaat", meint Gleitsmann und lehnt diesen Vorstoß ab. (APA/red, dieStandard.at, 24.4.2012)