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Überschwemmungskatastrophen wie zuletzt in Kolumbien werden in Zukunft immer mehr Opfer fordern. Verantwortlich dafür ist das Bevölkerungswachstum und schlechte Siedlungspolitik.

Foto: Fernando Vergara/AP/dapd

Wien - Bevölkerungswachstum und schlechte Siedlungspolitik werden in Zukunft für eine rasant ansteigende Zahl von Opfern von Flutkatastrophen sorgen. Bereits heute sind es über 100 Millionen jährlich, erklärte Giuliano Di Baldassarre vom UNESCO-IHE Institute for Water Education in Delft (Niederlande) bei einer Pressekonferenz auf der Generalversammlung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) in Wien. Die wachsenden Städte würden sich immer mehr in hochwassergefährdete Gebiete ausdehnen, was den möglichen Schaden bei Überschwemmungen erhöht.

So hätte etwa eine Überschwemmung im Mai 2004 in der heute etwa 10.000 Personen zählenden Provinzhauptstadt Jimani in der Dominikanischen Republik, die mehr als 1.000 Menschen das Leben gekostet hatte, noch vor 30 Jahren kaum Auswirkungen gehabt, weil das betroffene Gebiet noch nicht zur Stadt gehörte, erklärte Di Baldassarre. Hier sei eine schlechte oder gar fehlende Siedlungspolitik an der Katastrophe mit Schuld gewesen.

Zehnmal mehr Opfer als vor 50 Jahren

Das fruchtbare Klima an den großen Flüssen hat nicht nur die ersten Hochkulturen, etwa in Ägypten oder im Zwischenstromland, hervorgebracht, es würde auch heute noch Menschen dazu bringen, sich in hochwassergefährdeten Gebieten anzusiedeln. Das Risiko sei durch die hohen Bevölkerungszahlen enorm und stetig im Steigen. Heute würden Überschwemmungen zehnmal mehr Todesopfer fordern, als noch vor 50 Jahren, sagte der Experte.

Die Forscher erstellen Landkarten, in denen die jeweilige Gefährdung verschiedener Gebiete verzeichnet ist. Solche Daten sollten in die Siedlungspolitik und die Landschaftsplanung einfließen, den Menschen solle abgeraten werden, sich dort niederzulassen, so Di Baldassarre. Er räumt aber ein, dass dies in der Praxis oft schwer ist, weil in vielen betroffenen Gebieten kaum Landschaftsplanung und Siedlungspolitik existierten.

Globales Vorhersagesystem vorgestellt

Bessere Vorhersagen und ein weltweites vernetztes System, um Überschwemmungen vorherzusagen und im Katastrophenfall besser reagieren zu können, stellte Peter Burek von der Water Resources Unit des Joint Research Center (JCR) der Europäischen Kommission (EC) vor. Das im Juli 2011 in Betrieb gegangene Global Flood Awareness System (GloFAS), quasi eine Erweiterung des schon länger bestehenden europäischen Warnsystems, würde "vom Regenfall bis zur möglichen Überschwemmung" möglichst viele Wettervorhersagedaten verwenden, um Überflutungen anzukündigen. Droht eine solche Katastrophe, würden die verantwortlichen Behörden in den betroffenen Gebieten gewarnt, so Burek. (APA/red, derstandard.at, 24.4.2012)