Moskau - Vor seiner Amtseinführung als Präsident am 7. Mai hat der russische Premierminister Wladimir Putin (59) seinen Rücktritt als Chef der Kremlpartei Geeintes Russland erklärt. Zur Begründung sagte Putin am Dienstag nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen, Russland habe eine Tradition entwickelt, wonach der Staatschef überparteilich sein solle. Zwar verbiete ihm die Verfassung nicht die Mitgliedschaft in einer Partei, doch solle der Präsident "eine alle politischen Kräfte einigende Figur" sein. Er schlug den scheidenden Präsidenten Dmitri Medwedew als neuen Vorsitzenden der Regierungspartei vor, wie die Agentur Interfax meldete.

Putin hatte den Vorsitz von Geeintes Russland während der vergangenen vier Amtsjahre als Ministerpräsident inne, ohne jedoch Parteimitglied zu sein. Traditionell leiten russische Präsidenten aus Gründen einer äußeren Neutralität keine Parteien.

Umstrittener Ämtertausch

Der Schritt gilt als Teil eines in der russischen Bevölkerung umstrittenen Ämtertauschs. Putin will nach seiner Rückkehr in den Kreml, wo er schon von 2000 bis 2008 regierte, Medwedew als Regierungschef vorschlagen. Er muss vom Parlament bestätigt werden. Putin sagte bei einem Treffen mit der Parteiführung, dass Medwedew auf einem Kongress in der zweiten Maihälfte als Vorsitzender der führenden politischen Kraft bestätigt werden solle.

Medwedew war Spitzenkandidat der Partei bei der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl Anfang Dezember. Dass der gelernte Jurist Geeintes Russland nun führen solle, leite sich aus diesem Wahlsieg ab, sagte Putin. Kommentatoren hatten zuletzt immer wieder betont, dass sich Putin von der Partei zunehmend distanziere.

"Partei der Betrüger und Diebe"

Geeintes Russland hatte bei der Parlamentswahl am 4. Dezember die absolute Mehrheit errungen, die Zwei-Drittel-Mehrheit allerdings verloren. In der Regierungszeit Putins hatte die Kreml-Partei Gesetzesvorhaben ohne Widerstand im Parlament verabschieden und dessen Vorstellungen von einem straff organisierten Zentralstaat durchsetzen können.

Die Dumawahl vom 4. Dezember war höchst umstritten und hatte landesweit eine beispiellose Protestwelle gegen die Kreml-Führung ausgelöst. Die Demonstranten warfen Putin Wahlbetrug vor und verspotteten Geeintes Russland als "Partei der Betrüger und Diebe". Für den 6. Mai plant die Opposition erneut eine große Demonstration. (APA, 24.4.2012)