Wieder ein Auge auf den ORF geworfen: Kanzler und SP-Chef Werner Faymann.

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Wien - Norbert Kettner, Chef des Wien-Tourismus und roter Stiftungrat des Landes, sieht "persönlich gelassen", dass sich Kanzler Werner Faymann öffentlich "hoch qualifizierte" ORF-Aufsichtsräte wünscht. Seine Firma gelte als weltweite Benchmark.

Aber, so Kettner zum STANDARD: "Die wahren Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen sind anderswo passiert." Der Stiftungsrat sei "für das Chaos der letzten Monate" nicht verantwortlich. Es sei "höchstens mittelbar von Mitgliedern des Stiftungsrats ausgelöst" - Kettner spielt hier wohl auf Exstiftungsrat Niko Pelinka an, der Bürochef des ORF-Generals werden sollte. "Monatelang mit heißen Kartoffeln jonglieren zu dürfen und dann noch das heiße Püree übergeschüttet zu bekommen, ist wohl das, was man in Wien Chuzpe nennt." Und Kettner sagt: "Der ORF braucht Führung."

ORF-Novellen boten mehrfach Anlass, auch das Management umzubauen. SPÖ-Chef Faymann verkündete seine Pläne für einen kleineren Aufsichtsrat kaum ein Jahr nach der ORF-Wahl. Die ÖVP ist dafür, man will schon ab kommender Woche verhandeln.

ÖVP: Mehrere verantwortliche Vorstände

ÖVP-Chef Michael Spindelegger drängt wieder auf mehrere verantwortliche Vorstände statt des Alleingeschäftsführers wie bisher. Das würde etwa den bürgerlichen Finanzdirektor Richard Grasl aufwerten, aber etwa auch einen Radiodirektor Karl Amon, den Faymann schon einmal fragte, ob er nicht General werden will. Amon winkte damals glaubhaft ab, er wollte nur Radiodirektor werden. Als Amons Bedingung für den General kursierte damals unbestätigt: nur in einem Vorstand als moderierender Sprecher.

Prompt protestierten erste bürgerliche Hauptleute der Länder, die bisher je einen Stiftungsrat stellen: Oberösterreich und Vorarlberg. Wien, Steiermark, Tirol und Burgenland wollen einen Vorschlag des Bundes abwarten. FPÖ und BZÖ fürchten, ihre Mandate zu verlieren. Die Grünen befürworten einen kleineren Rat, verlangen öffentliche Hearings.

ORF-Betriebsratschef Gerhard Moser ist für einen kleineren Stiftungsrat. Wenn nach Aktienrecht die Belegschaft ein Drittel der Räte stellt und diese über das Management mitentscheiden, sobald sich die Kapitalvertreter nicht einigen. Bisher wählen die Betriebsräte im Stiftungsrat mit. (Harald Fidler, DER STANDARD, 25.4.2012)