Feuerwehr, Rettung, Bundesheer, ÖBB - im Falle einer Naturkatastrophe sollten alle beteiligten Einsatzkräfte, Infrastrukturanbieter und Behörden möglichst schnell mit Informationen versorgt werden, um sich ein Bild von der Lage vor Ort machen zu können. Das Problem: "Jede Organisation hat ihren eigenen Lageplan, ihre eigenen Daten. Es gab bisher nichts, das diese Informationen miteinander verknüpft", stellt Brigadier Gustav E. Gustenau vom Verteidigungsministerium fest.
Er spricht quasi aus der Anwendersicht für das Projekt Gemeinsames Öffentlich-Privates Lagebild (Göpl), an dem sich auch das Heer beteiligt hat und das diese Lücke schließen soll. Denn die webbasierte Plattform soll die unterschiedlichen Daten aufbereiten und so einen gemeinsamen, virtuellen Informationsraum für alle Beteiligten schaffen und bereitstellen. Göpl wurde im Rahmen von Kiras, dem Sicherheitsforschungsprogramm des Verkehrsministeriums, gefördert und ist jetzt im Status eines Prototyps.
"Natürlich telefoniert man im Ernstfall miteinander, um sich zu koordinieren, aber das Tool verknüpft erstmals alle relevanten Daten und stellt sie dar", sagt Gustenau. Damit hätten alle die gleiche " Sichtweise". "Durch bessere Datenaufbereitung die Koordination erleichtern", fasst Christian Flachberger das Ziel des Projekts zusammen. Er ist verantwortlich für Sicherheitsforschung beim IT-Unternehmen Frequentis, das Göpl gemeinsam mit den Visualisierungsexperten vom Wiener Comet-Zentrum VRVIS entwickelt hat. " Es geht nicht nur darum, Informationen zu sammeln, sondern vor allem relevante Informationen darzustellen", sagt Flachberger.
Ernstfälle simulieren
Welche das sein könnten, wurde mit zwei Testläufen simuliert. Mit ihnen wurde der Prototyp validiert. Eines dieser Planspiele fand im November 2011 statt und trug den Namen "Pandemie", ein weiteres "Erdbeben" (Jänner 2012). Daran nahmen fünf Ministerien, die ÖBB und die ZAMG teil. Dabei wurden laufend simulierte Meldungen über Erdbeben bzw. über eine sich ausbreitende Pandemie eingespielt, die jeweils einer genauen Einschätzung binnen kurzer Zeit unterzogen werden mussten. "Dabei tauchten neue Fragestellungen und Anforderungen auf, die in das Projekt miteinflossen", sagt VRVIS-Geschäftsführer Georg Stonawski. Im Fall der Pandemie waren beispielsweise demografische Daten für eine Impfaktion ausschlaggebend, beim Erdbeben wiederum ging es um Straßen und Stromleitungen in der betroffenen Gegend.
Die Entwickler sehen genau darin einen großen Vorteil des Systems: im Durchspielen möglicher Katastrophenszenarien. Dadurch könnten im Fall des Ernstfalles bereits alle relevanten Daten vorbereitet sein und die Hilfsmaßnahmen ohne große Verzögerung anlaufen. In zwei bis drei Jahren könnte der Prototyp des Göpl zu einer marktreifen Anwendung weiterentwickelt werden. (max, DER STANDARD, 25.4.2012)