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Am Mittwoch erfolgte in Gloggnitz der Spatenstich für den Semmering-Basistunnel. Im Bild vlnr.: Ein Mann protestiert mit einem Plakat mit der Aufschrift 'Der Berg sagt NEIN!' während des Spatenstichs mit ÖBB-Vorstand Christian Kern, LH Franz Voves, BM Doris Bures, LH Erwin Pröll und EU-Vertreterin Desiree Oen.

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Der Protest wird bleiben, wenn auch in Maßen.

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Gloggnitz - Zwei Tunnelröhren von 27,3 Kilometern Länge, zwölf Jahre Bauzeit (bis 2024), 3,1 Milliarden Euro Kosten: Das sind die Eckdaten des Semmering-Basistunnels (SBT), für den am Mittwoch beim künftigen Nordportal in Gloggnitz/NÖ der Spatenstich erfolgt ist. Die neue Südbahn, Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes, wird die Fahrzeit Wien - Graz um ein Drittel verkürzen und den Zuwachs im Güterverkehr bedienen, gleichzeitig bleibt das Unesco-Weltkulturerbe Ghega-Bahn über den Semmering erhalten.

Dementsprechend wurde der Spatenstich von den Rednern als historisches Ereignis bezeichnet. Das Projekt sei wie kein anderes auf Herz und Nieren geprüft worden, erinnerte Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) an die jahrzehntelange Geschichte.

Opposition gegen Niederösterreich-ÖVP

Die Grünen und das BZÖ haben den Event hingegen zum Anlass genommen, erneut in Richtung niederösterreichische ÖVP zu schießen. Die Grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser sprach in einer Aussendung von einem "schwarzen Tag für die Umwelt" und einem "unsäglichen Kuhhandel" zwischen Bures und "Landeskaiser" Pröll. Letzteren nahm auch der steirische BZÖ-Chef Gerald Grosz ins Visier, jedoch aus anderen Motiven heraus: Prölls jahrelanges Nein zum SBT habe Millionen gekostet.

Der dadurch entstandene volkswirtschaftliche Schaden sei "de facto unabschätzbar", betrage aber "sicherlich mehrere hundert Millionen Euro", meinte Grosz. Und Moser kam wieder einmal zum Schluss, dass die Bundesregierung nicht Infrastrukturpolitik für die Bevölkerung, sondern für die "Bau- und Finanzlobby" mache und abgehoben agiere. Krönung für die Grün-Politikerin: Zum heutigen Festakt würden 600 "mehr oder weniger wichtige Personen von Brüssel bis Wien" geladen, nicht aber die Betroffenen, "auf die fünfzehn Jahre Großbaustelle vor der Haustür wartet".

Pröll sieht Tunnel 2.0

Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) sprach von einer geänderten Faktenlage, weshalb SBT alt und neu "in keinster Weise" zu vergleichen seien. Vormalige Ablehnung habe es hinsichtlich Naturschutz und Wasserhaushalt, Bedenken wegen Sicherheit und einer Preisgabe der Ghega-Bahn gegeben, bis dann 2005 unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) Überlegungen für ein völlig neues Projekt starteten. Mehr als zehn Varianten seien von Experten begutachtet worden, zwei Röhren würden die Sicherheit erhöhen, und die Ghega-Strecke bleibe aufrecht.

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) betonte die Bedeutung einer leistungsfähigen Südbahn für den exportorientierten Wirtschaftsstandort Steiermark. Die Verbesserung der Erreichbarkeit werde 15,5 Milliarden Euro zusätzliche Wertschöpfung und 15.000 Arbeitsplätze bringen. 30 Jahre sei man "in der Warteschlange" gestanden, dankte er Pröll, dem Projekt SBT neu von Beginn an positiv gegenübergestanden zu sein. "So schaut's aus, wenn niederösterreichischer Smaragd und steirischer Sauvignon zu einem Cuvee werden - oder wenn zwei starke Bundesländer zusammenarbeiten."

Bures will damit auf Wachstum achten

Mit diesem Projekt werde an der Zukunft gebaut, so Bures. Der SBT mache die neue Südbahn komplett und sei für das gesamte österreichische Hochleistungsnetz ein Schlüsselprojekt. Neben Sparen sei es wichtig, auf das Wachstum zu achten und in die Schiene zu investieren. Das schaffe Arbeitsplätze und bedeute umweltfreundliche Verkehrsmittel: "Wir wollen den Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen."

ÖBB-Vorstandsvorsitzender Christian Kern nannte den bevorstehenden Tunnelbau eine technische Spitzenleistung. Die Bahn sei auf der Höhe der Zeit und das Verkehrsmittel der Zukunft, hob er die Umweltfreundlichkeit hervor. EU-Vertreterin Desiree Oen vom Kabinett des EU-Verkehrskommissars Siim Kallas erklärte, mit dem Ausbau der Infrastruktur unternehme das Alpenland Österreich enorme finanzielle Anstrengungen und leiste einen wesentlichen Beitrag zur räumlichen Integration und damit Stärkung des europäischen Binnenmarktes und auch zur angestrebten CO2-Reduktion im Sinne der Klima-Ziele.

Der Berg sagt "Nein"

Das Tunnelprojekt wurde und wird seit vielen Jahren von Gegnern bekämpft, an vorderster Front dabei "Alliance for Nature". Proteste gab es rund um den Festakt nicht - bis auf einen Mann, der sich beim eigentlichen Spatenstich knapp neben dem Erdhaufen postiert hatte. In der Hand hielt er ein Taferl mit der Aufschrift "Der Berg sagt Nein". (APA, 25.4.2012)