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Sonja Herbst ist auch im zweiten Bawag-Prozess Anklägerin.

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Sonja Herbst gehört zu den wenigen Menschen, die den Bawag-Akt in- und auswendig kennen müssen. Die Wiener Staatsanwältin war schon im ersten Bawag-Prozess, der im Juli 2008 nach einjähriger Verhandlungsdauer mit neun Schuldsprüchen geendet hatte, dabei. Herbst war damals als zweite Staatsanwältin im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts gelandet, weil ihr ursprünglich dafür vorgesehener Kollege Ronald Schön angeblich zu enge Verbindungen zum Verteidiger von Wolfgang Flöttl hatte.

Jetzt, im wiederaufgerollten Bawag-Prozess, ist Sonja Herbst die Hauptvertreterin der Anklagebehörde. Wäre es nach ihr gegangen, hätten sich allerdings alle Beteiligten das neue Treffen vor Gericht ersparen können. Sie soll nämlich für Einstellung des Verfahrens beziehungsweise für Diversion plädiert haben. Doch für die Oberstaatsanwaltschaft kam das nicht infrage, ein Großteil des Bawag-Verfahrens muss wegen Verfahrensmängeln im ersten Prozess - unter der damaligen Richterin Claudia Bandion-Ortner - wiederholt werden.

Obwohl das Blitzlichtgewitter zum neuerlichen Prozessauftakt wieder den Angeklagten gehörte, steht nun auch Sonja Herbst im Rampenlicht. Wie Richter Christian Böhm ist sie aber darauf bedacht, nichts über sich selbst preiszugeben, was über das Berufliche hinausgeht.

Vielleicht auch deswegen, weil sie schon einmal erleben musste, dass Fettnäpfchen wie aus dem Nichts auftauchen können. Zum 100. Prozesstag im ersten Bawag-Prozess hatte sie im Gerichtssaal mit einer Torte posiert, die eine Journalistin aus welchen Gründen auch immer mitgebracht hatte. Der unstandesgemäße Fauxpas führte jedenfalls zu einer Aussprache "ganz oben".

Fachlich zählt die auf Wirtschaftsdelikte spezialisierte Staatsanwältin trotzdem zur oberen Liga. In einer noch offenen Angelegenheit in der Bawag/Refco-Affäre recherchierte sie unlängst in New York. Mit falschen Fuffzigern kennt sie sich wahrlich aus: In einem Prozess gegen eine Geldfälscherbande erzählte sie einmal, dass ihr selbst im Italienurlaub schon ein unechter 200-Euro-Geldschein untergejubelt worden sei. Der vorwurfsvollen Frage "Wissen Sie, wie peinlich das ist?" konnten die Angeklagten wenig entgegensetzen.

Ihren alten Bekannten auf der Anklagebank versuchte sie am ersten Tag von Bawag II auch gleich ins Gewissen zu reden: "Eine Bank ist kein Glücksspielautomat."(Michael Simoner, DER STANDARD, 26.4.2012)