Eine Arbeit des jungen Duos Marcelle Marcel ergänzt die von Ami Barak kuratierte Ausstellung.
Wien - Von 1911 bis herauf zum Arabischen Frühling reicht das Archiv politischer Slogans, das Künstlerin Maja Bajevic in der Galerie Charim präsentiert. In einem Ordner sind die spezifischen Geschichten hinter den 150 versammelten Slogans beschrieben. Ausgangspunkt für das Projekt waren ursprünglich nur die Sprüche Titos. Erst später hat die bosnische Künstlerin das Projekt unter dem programmatischen Titel To Be Continued erweitert: Ergänzt hat sie unter anderem die Leitsätze der Oktoberrevolution, nationalsozialistische Slogans, jene der Frauenbewegung, und jüngste islamfeindliche Sprüche.
Das umfassende Slogan-Archiv in der Ausstellung lädt zum Blättern ein und ermöglicht einen spannenden Einblick in die Weltgeschichte. Die dazugehörige Installation lässt den Betrachter hingegen eher an Politikverdrossenheit denken: Um jede Monumentalität zu vermeiden, projiziert Bajevic die Sprüche auf eine Nebelwand, die eine Dampfmaschine erzeugt. Einerseits wird so zu Recht auf die Kurzlebigkeit der Slogans verwiesen; andererseits nivelliert dieselbe Größe und Schrift aber auch den politischen Gehalt der Aussagen.
Dass Bajevics Arbeiten von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber jeglicher Politik bestimmt sind, macht auch das Video How do you want to be governed? deutlich. Die Performance darin basiert auf einem 36 Jahre alten Video von Rasa Todosijevic: In Was ist Kunst traktiert eine Hand das Gesicht der Künstlerin immer heftiger. In How do you want to be governed? wird ebenfalls mit Gewalt auf eine Antwort gedrängt.
Politische Zwänge spielen auch in Art has to be national, an artist has to be national eine Rolle: In Anlehnung an die berühmte Abramovic-Arbeit Art has to be beautiful, an artist has to be beautiful kämmt sich auch Bajevic auf eine sichtlich schmerzhafte Weise ihr Haar. Gleichzeitig wiederholt sie den Spruch "Art has to be national, an artist has to be national". Dass vor allem Künstler der postkommunistischen Länder mit der stets eingeforderten nationalen Zuordnung hadern, bringt Bajevic damit auf den Punkt.
Ohne konkrete Botschaft bleiben hingegen die Bilder, die sie mit Layers betitelt hat: Fotos von Demonstrationen hat die Künstlerin mit niedlichen Motiven bestickt, was wohl die Polaritäten des Lebens versinnbildlichen soll. Einen ähnlichen Zugang verfolgte auch das Künstlerduo Marcelle Marcel: Sie präsentierten die Titelseiten wichtiger Tageszeitungen vom 9. November 1989 und vom 11. September 2001. Wenig überraschend tauchen die historischen Ereignisse dieser Tage da noch nicht auf. (Christa Benzer, DER STANDARD, 26.4.2012)