Der ÖVP-Abgeordnete Ferry Maier hat nicht reden dürfen. Er ist der Meinung, dass die Mehrzahl der diversen Tunnelprojekte der ÖBB, die einige Fantastilliarden kosten und noch unseren Enkeln schwer auf der Schuldentasche liegen werden, nicht zu verantworten sind. Er hat deswegen auch dagegengestimmt. Aber er durfte seine Haltung nicht in freier Rede als freier Abgeordneter im Plenum begründen. Klubobmann Karlheinz Kopf hat ihn gar nicht auf die Rednerliste gesetzt.
Diese Episode allein ersetzt eine Lkw-Ladung an Umfragen und Analysen zum Thema "Politikverdrossenheit", "Vertrauen in die regierenden Parteien" etc., etc. Dabei wird die Ungeheuerlichkeit, die darin besteht, einen Abgeordneten an einem Rederecht zu hindern (und zwar aus Partei- und Koalitionstreue, weil ein paar Sonderinteressen diese Tunnelbohrungen wollen), gar nicht mal richtig wahrgenommen. So ist das in unserer Demokratie.
VP-Klubchef Kopf hat sich schon etliches von diesem Kaliber geleistet. Er hinderte die ehemalige Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat am Reden, als die die Genderisierung der Bundeshymne begründen wollte. Er versuchte den vom Telekom-Skandal angepatzten VP-Abgeordneten Amon mit einer Kampusch-Verschwörungstheorie zu entlasten. Er ist anscheinend kein besonders geschickter Politiker. Aber das ist nichts im Vergleich zu einer "Kusch"-Haltung, die demokratieschädlich wirkt. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 25.4.2012)