Sarah Spiekermann

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Italien, Flughafen Malpensa - ich bin mal wieder auf Reisen. Der Flieger war pünktlich, die Ferien beginnen. Alles top! Aber dann geht's los: Die Registrierung des Mietwagens hat mal wieder nicht funktioniert. Die E-Mail mit dem Barcode muss in meinem Spamfilter hängen geblieben sein, von dem ich mir immer noch nicht erklären kann, auf wie vielen Ebenen er genau wie funktioniert und in wie vielen meiner Folder ich lokal oder bei meinem Provider nachschauen muss, um herauszufinden, wo das gute Stück hängen geblieben sein könnte. Am Sonntag hat das Callcenter für Nachfragen natürlich geschlossen. Also klappere ich am Flughafen Mailand schlichtweg alle Schalter ab. Aber wir haben ja Zeit. Es sind Ferien! Durchatmen. Schließlich sitzen wir im Wagen.

Entnervendes Geräusch

Dann geht es los mit dem Gepiepse. Es ist ja gut gemeint, dass uns unsere Autos mit einem penetrant schrillen und fies durchgängigen, das Trommelfeld belastenden Pfeifton daran erinnern wollen, dass wir uns gefälligst anzuschnallen haben. Aber geht es nicht auch höflicher? Warum darf ich noch nicht einmal ein- und ausparken ohne Gurt? Ich finde es ja so lästig, dass ich nur noch die Wahl habe, mich im engen Gurt zu winden oder mir das grelle Gepiepse reinzuziehen. Auch mit meiner Mutter neben mir habe ich geduldig zu sein: Das Anschnallen braucht einfach länger bei älteren Menschen. Das sind also mindestens 20 Sekunden mehr von diesem entnervenden Geräusch - und 20 Sekunden können echt lang sein! Ich fahre also schon mal mit deftigster Laune durchs Parkhaus und rauf auf die Autobahn.

Mit Grausen erinnere ich mich an die Anmietung eines Wagens vor zwei Jahren: Ein ganzes Wochenende musste ich mir aufgrund eines defekten Sensors durchgehend den Warnton anhören. Ich habe damals wirklich alles versucht, um mich dieses Tons zu entledigen: laute Musik, Fenster runter und hochtourig über die Autobahn ... Aber das Ding war nicht zu überhören. Natürlich bin ich nicht auf den simplen Trick gekommen, den ich seitdem bei anderen Fahrern regelmäßig beobachte: Sie ziehen sich den Gurt einfach hinterm Rücken entlang und stecken ihn in die Sensorschnalle. Oder noch brutaler: Sie schneiden den Gurt ab und stecken die summenden Sensoren befriedigt zusammen. Soll dann doch mal die Polizei mit dem Strafzettel kommen. Für so eine Lösung bin ich natürlich viel zu feige.

Bewegungssensor

Zum Kaffee fahren wir in ein schönes Lokal am Lago Maggiore. Alles ist ursprünglich und nett. Aber das Ambiente mit Patina verlässt mich spätestens beim Besuch der Waschräume. Es ist finster. Verzweifelt hangele ich mich an der Wand entlang, um einen Lichtschalter zu finden. Dann komme ich drauf: Bewegungssensor! Ich hample also ein bisschen herum, um dem Ding zu signalisieren, dass da jemand ist. Und tatsächlich: Es werde Licht. Etwas verunsichert geht es dann ins Häuschen. Ich will nicht sagen angstvoll, denn: Was mache ich bloß, wenn ich nicht schnell genug bin und dann plötzlich wieder im Finsteren auf der Toilette sitze? Außerdem weiß ich schon: Hier sollte ich möglichst bewegungslos sitzen, denn sonst meint der Spülungssensor der Toilette, ich sei bereits am aufstehen, und schießt mir eine verfrühte Ladung Wasser entgegen. Gut, das ist zwar unnötiger Wasserverbrauch, mir aber egal.

Was mir nicht egal ist, sind dann diese lästigen Waschbecken. Ich habe wirklich noch nie einen Waschraum aufgesucht, in dem diese Sensorwaschbecken gut funktionierten. Ich mache einfach immer etwas falsch. Entweder ich halte meine Hände nicht in der richtigen Stellung zum Sensor oder nicht lang genug oder was weiß ich schon. Jedenfalls kommt das Wasser selten dann raus, wann ich es will, sowieso nicht lang genug und dauernd unterbrochen. Da kann ich ja nur hoffen, dass sich wenigstens dieser Waschraum dazu entschlossen hat, mir ein traditionelles Leinen zur Verfügung zu stellen statt einen dieser sensorgesteuerten Heißlufthändetrockner, die sowieso noch nie funktioniert haben. Aber das kann ich wohl vergessen ...

Produkte mit wirklich vielen Menschen testen

Fazit? Es hört sich banal an, aber ich kann Ingenieuren, die sich mit sensorgesteuerten Produkten beschäftigen, wirklich nur wärmstens empfehlen, drei Dinge zu beachten: Erstens, sich die Frage zu stellen, ob man diese ganzen Automatisierungen wirklich braucht. Zweitens, die geschaffenen Produkte mit wirklich vielen Menschen zu testen und zu optimieren, bevor man eine Menschheit damit belastet. Und drittens: Sich zu überlegen, welchen Grad der Kontrolle Menschen wertschätzen und behalten sollten. Mit dem gegenwärtigen Trend zum Technologiepaternalismus tun wir uns keinen Gefallen.