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Guangcheng ist aus seinem streng bewachten Haus geflohen.

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Der blinde chinesische Menschenrechtsaktivist Chen Guangcheng ist aus dem Hausarrest geflohen. In einem Video, das er an Premier Wen Jiabao richtete, forderte er die Aufklärung seines Falles und ein Ende der Korruption. Chen war seit seiner Entlassung aus über vierjähriger Haft 2010 in seinem Heimatort Dongshigu in der Provinz Shandong unter Hausarrest gestellt worden.

Wo sich Chen derzeit aufhält, ist unbekannt. Menschenrechtsaktivisten der US-Organisation "ChinaAid" teilten mit, sie hätten ihn seit vergangenen Sonntag an einem "sehr sicheren Ort in China" untergebracht. Das löste Spekulationen aus, ob er Zuflucht in der US-Botschaft in Peking gefunden haben könnte. Die US-Diplomaten hüllen sich in Schweigen.

Chens Entkommen hat im chinesischen Internet eine neue Debatte über die Willkür von chinesischen Parteifunktionären ausgelöst. Am Freitag versuchten die Behörden, die Weiterverbreitung eines 16 Minuten langen Youtube-Videofilms mit Chen zu stoppen, der über Blogs und Mikroblogs vervielfältigt wurde. Chen fragt darin Premier Wen, ob die Willkür der Parteifunktionäre mit Billigung Pekings geschehe.

Er schildert darin, wie seine Frau und seine Mutter verprügelt wurden, und nennt die Namen der in Zivil auftretenden Schläger, allesamt Parteisekretäre, Polizisten, Justizmitarbeiter und ihre Familienangehörigen. Sie wurden nicht nur von oben gedeckt, sondern bekamen aus den öffentlichen Kassen 100 Yuan am Tag - fast das Doppelte, was sie mit Arbeit hätten verdienen können. (Johnny Erling aus Peking /DER STANDARD, 28.4.2012)