Gaza - Die im Gazastreifen herrschende radikale palästinensische Organisation Hamas führt bis Ende Mai interne Wahlen durch, an denen sie auch ihre Anhänger im Westjordanland, in der Diaspora und in den israelischen Gefängnissen beteiligt. Gewählt wird eine Versammlung (Majlis al-Shura), die ihrerseits ein aus 15 Mitgliedern zusammengesetztes Politbüro als Leitungsorgan bilden soll. Im Gazastreifen haben Ex-Premier Ismail Haniyeh, der ehemalige Außenminister Mahmoud al-Zahar und die Führer des militärischen Flügels "Brigaden Ezzedin al-Kassam", Ahmad Jaabari und Marwan Issa, nach vorläufigen Resultaten die meisten Stimmen bekommen.

Der bisherige Hamas-Politbürochef Khaled Mashaal, dessen Kurs von der Führung im Gazastreifen kritisiert wird, hatte ursprünglich angekündigt, dass er nicht kandidieren wolle. Doch soll er inzwischen zur Änderung seiner Haltung überredet worden sein. Von Haniyeh war ihm vorgeworfen worden, der Fatah von Präsident Mahmoud Abbas in den Verhandlungen über die Bildung einer Einheitsregierung zu große Zugeständnisse gemacht zu haben. Auch wird Mashaals Losung vom "friedlichen Volkswiderstand" gegen Israel von vielen missbilligt.

Duell

Nach Ansicht hoher Hamas-Funktionäre dürften die Wahlen letztlich auf ein Duell zwischen Mashaal und dessen Stellvertreter Mussa Abu Marzouk hinauslaufen. Seitdem die Hamas-Exilführung ihr Hauptquartier in Damaskus aufgegeben hat, hält sich Mashaal in Doha (Katar) und Marzouk in Kairo auf.

Zwei Hamas-Funktionäre, die im vergangenen Oktober gegen den israelischen Soldaten Gilad Shalit ausgetauscht worden waren, Yehia Sinwar und Rafi Mukhtaha, wurden bereits gewählt.

Bestechungsvorwürfe

Im vergangenen Februar hatten sich die verfeindeten Organisationen Fatah und Hamas nach Verhandlungen in Katar prinzipiell auf die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung geeinigt, doch steht die Hamas nicht geschlossen hinter dieser Übereinkunft. Sie lehnt es insbesondere ab, dass die künftige Regierung alle von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen respektieren muss. Die Fatah hat führende Hamas-Politiker beschuldigt, vom Iran bestochen worden zu sein, um die Einigung zu Fall zu bringen.

Die Hamas gilt als Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft, die aus den Wahlen in Ägypten als stärkste politische Kraft hervorgegangen ist. Die Hamas hatte die palästinensischen Wahlen vom Jänner 2006 mit großer Mehrheit gewonnen und mit der Fatah eine Regierung der nationalen Einheit mit Haniyeh als Premier gebildet. Im Juni 2007 verdrängte sie die Fatah nach blutigen Kämpfen vollständig aus dem Gazastreifen. (APA, 27.4.2012)