Wien - Ex-Bankier Wolfgang Rieger hadert ein wenig mit dem Fluch der frühen Geburt: "Wenn Sie heute als Bank Schulden haben, gehen sie zum Ministerium und holen sich das Geld. Früher ist man in Konkurs gegangen", resümiert er am Freitag im Wiener Landesgericht. Wo er als Zeuge beziehungsweise Opfer auftritt. Schließlich hat er im Jahr 2005 den ehemaligen Aufsichtstratsvorsitzenden der Riegerbank, Johannes Z., angezeigt.

Der Grund: Rieger behauptet, der 61-Jährige habe schon 1994 erkannt, dass die Bilanzen der im Jahr 1998 in Konkurs gegangenen Riegerbank frisiert gewesen seien und ihn damit erpresst. Dafür habe er auf Aktienrückkaufen, Deals mit Genussscheinen sowie einem Beratervertrag ohne Gegenleistungen bestanden und ihn, beziehungsweise die Bank, so um mehr als sechs Millionen Euro gebracht - was Z. vehement leugnet.

Während Riegers Auftritt muss Staatsanwalt Michael Radasztics innerlich die Kinnlade heruntergefallen sein. Offenbarte der deutlich abgemagerte Zeuge doch erstaunliche Erinnerungslücken, die die Anklage immer schlechter aussehen lassen - etwa im Punkt der Aktienrückkäufe.

Erinnerungslücken

In seiner ursprünglichen Anzeige hatte der heute arbeitslose Pleitebankier noch behauptet, diese Transaktion erst aufgrund der Drohung getätigt zu haben. Nun kann er sich zunächst weder an die Details des Rückkaufvertrages erinnern, noch, dass die Erpressung der Grund gewesen sein soll.

Dafür schildert er ausführlich, wie er seine Spekulationsverluste in den Bilanzen versteckt hat: Der Bargeldbestand der Wechselstuben, aus denen die Bank hauptsächlich bestand, schwoll fiktiv immer weiter an. Weder Z. noch den restlichen Aufsichtsrat scheint das gekümmert zu haben.

Stimmt nicht, beharrt Rieger, Z. habe die Malversationen erkannt und ihn in Vieraugengesprächen erpresst. Thomas Kreuter, der Vorsitzende des Schöffensenates, hält Rieger allerdings seine divergierenden Aussagen im Laufe der Jahre vor, behauptete Zeitabläufe machen ihn stutzig, da sie eher die Version des Angeklagten stützen. Auch warum er die Anzeige erst 2005 gemacht hat, kann Rieger nicht schlüssig erklären.

Zur Ladung weiterer Zeugen wurde auf Ende Mai vertagt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 28./29.4.2012)