Wien - Klimamodelle, die auch auf der Untersuchung der Wachstumsringe von Bäumen beruhen, dürften den Einfluss von gravierenden Umweltänderungen unterschätzen. Das erklärte Michael E. Mann von der Universität Pennsylvania (USA) im Rahmen der kürzlich stattfgefundenen Generalversammlung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU). So würde sich einer der vermutlich größten historischen Vulkanausbrüche kaum in den Jahresringen finden.

Konkret geht es um einen vermuteten Vulkanausbruch aus dem Jahr 1258, der zu weltweiten Klimaveränderungen geführt haben dürfte und möglicherweise am Beginn der Kleinen Eiszeit mitverantwortlich für die Klimaänderung war. Welcher Vulkan damals ausgebrochen ist, ist allerdings noch unklar. Trotz der gravierenden Auswirkungen sind die Jahresringe von Bäumen für das Jahr 1258 nicht auffällig, so Mann. Bloß mit einer Verzögerung von vier Jahren würden sie kleine Änderungen zeigen.

Unschärfe

Die in einschlägigen Studien untersuchten Bäume wachsen laut Mann in der Regel an der Baumgrenze. In dieser sensiblen Zone reicht schon ein geringer Temperaturrückgang und die Bäume hören zu wachsen auf. Ein größerer Temperaturabfall mache dann keinen Unterschied mehr in den Jahrringen. Dies führe vermutlich dazu, dass Studien, die Jahresringe von Bäumen verwenden, um das Klima vergangener Zeiten zu rekonstruieren, die Klimasensitivität grob unterschätzen.

Die Klimasensitivität gibt an, wie sehr Umweltfaktoren das Klima verändern. In der aktuellen Diskussion bezeichnet sie meist, wie viel die weltweite Durchschnittstemperatur steigt, wenn sich die Menge der Treibhausgase in der Atmosphäre verdoppelt. Laut Schätzungen des Weltklimarats (IPCC) sind das 2 bis 4,5 Grad Celsius.

Hintergrund

Michael Mann wurde mit dem sogenannten Hockeyschläger-Diagramm berühmt, das er gemeinsam mit Kollegen erstellt hatte. Die 1999 im Dritten Sachstandsbericht des Weltklimarats veröffentlichte Grafik zeigt den weltweiten Temperaturverlauf der vergangenen 1.000 Jahre. Weil sie über 900 Jahre ziemlich gerade verläuft und dann steil nach oben knickt, sieht sie einem Eishockeyschläger ähnlich und veranschaulicht den Klimawandel. (APA/red, derStandard.at, 29.4.2012)