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Shukri Ghanem empfing 2004 Landeshauptmann Haider und Verkehrsminister Gorbach in Tripolis.

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Shukri Ghanem war lange Jahre treuer Gefolgsmann des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi.

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Der libysche Ex-Regierungschef und Ex-Ölminister.

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Wien - Im Fall des am Wochenende in Wien gestorbenen ehemaligen libyschen Ministerpräsidenten und Ölministers Shukri Ghanem liegt ein erster Obduktionsbericht vor. Demnach dürfte er ertrunken sein. Derzeit gebe es keine neuen Hinweise und keinen Verdacht auf Fremdverschulden, so Polizeisprecher Hahslinger.

Sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Umfeld des Verstorbenen würden derzeit Ermittlungen durchgeführt, ob es Umstände gebe, die an einer natürlichen Todesursache zweifeln ließen. In eine konkrete Richtung werde aber nicht ermittelt, da es im Moment keinen Verdacht auf Fremdverschulden gebe, sagte der Polizeisprecher.

Familie gab Wohnung als Fundort an

Der Tod des langjährigen Gefolgsmanns des früheren libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi gab am Sonntag aber Rätsel auf. Hatte die Familie ursprünglich gegenüber Journalisten erklärt, der 69-Jährige sei Sonntagfrüh leblos in seiner Wohnung entdeckt worden, berichtete die Polizei am Abend, dass die Leiche Ghanems in der Neuen Donau gefunden wurde.

Demnach hatte ein Passant gegen 8.40 Uhr die Polizei informiert, dass nahe der Copa Cagrana ein lebloser Körper in der Neuen Donau treibe. In weiterer Folge sei der Tote zweifelsfrei als Ghanem identifiziert worden. Wie Hahslinger auf Anfrage der APA erklärte, wurden bei dem Toten keine Anzeichen von Gewalt festgestellt. "Aber wenn ihn jemand hineingestoßen hat, gibt es auch keine Gewaltspuren", schloss der Beamte eine Fremdeinwirkung nicht völlig aus. "Möglicherweise ist ihm aber auch schlecht geworden, und er ist ins Wasser gefallen".

"Unerträgliche Gewalt"

Die Familie hatte als wahrscheinliche Todesursache einen Herzinfarkt genannt. Ghanem hatte jahrelang zur engsten Entourage Gaddafis gezählt, ehe er dem Regime Mitte Mai des vergangenen Jahres den Rücken kehrte. Ghanem war von März 2003 bis Mai 2006 Ministerpräsident und von März 2006 bis Mitte Mai 2011 Chef der staatlichen libyschen Ölgesellschaft, also Ölminister, gewesen.

Bei einer Pressekonferenz in Rom klagte er am 1. Juni des Vorjahres jedoch über die "unerträgliche Gewalt" des damaligen Regimes und über den Bürgerkrieg in seinem Land. "Ich habe jahrelang in Libyen gearbeitet und gedacht, dass man intern Reformen durchsetzen konnte. Das war jedoch nicht möglich, vor allem jetzt, wo die Gewalt unerträglich geworden ist", so Ghanem damals in seinem Pressestatement.

Ghanem war in Österreich stark verwurzelt: Er hatte Anfang mehrere Jahre lang die Position des stellvertretenden Generalsekretärs der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) inne, die ihren Sitz in Wien hat. Auch mehrere Firmen liefen laut Medienberichten auf seinen Namen. Zudem besaßen er und weitere Familienmitglieder - zwei Töchter sollen österreichische Staatsbürgerinnen sein - einen fixen Wohnsitz in Wien-Donaustadt neben der UNO-City, also unweit des Fundorts seiner Leiche.

Büro in Wiener Innenstadt

Der ehemalige Gaddafi-Gefolgsmann war zuletzt in Wien wohnhaft, bestätigte auch die Polizei. Laut Ermittlungen hatte Ghanem Sonntagfrüh seine Wohnung verlassen. Der leblose Körper sei noch nicht lange im Wasser gelegen, so Hahslinger.

Der 69-Jährige arbeitete der Polizei zufolge in den vergangenen Monaten in einem Büro in der Wiener Innenstadt. Vor seiner Abkehr vom Gaddafi-Regime war er im März des Vorjahres auch verdächtigt worden, in Österreich Milliardensummen für den damaligen Machthaber in Wien geparkt zu haben. Es wurde sogar überlegt, seine Konten in Wien zu sperren. Auch in der Schweiz soll er über beträchtliches Vermögen verfügt haben.

Nach seinem Bruch mit dem später von Rebellen getöteten Gaddafi soll Ghanem die Rache des damals noch aktiven Regimes gefürchtet haben. Zuletzt sei Ghanem sehr besorgt über die Entwicklungen in seiner Heimat gewesen, berichtete der Journalist und Islam-Experte Amer al-Bayati am Sonntag der APA.

Zudem habe er sich auch stark unter Druck gesetzt gefühlt, weil im Internet Anschuldigungen wegen mutmaßlicher Korruptionsfälle verbreitet worden seien. Seitens der Familie hieß es, dass der Leichnam Ghanems möglicherweise nach Libyen überstellt werde.  (APA, 29.4.2012)