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Bernd Schlömer, studierter Soziologe und Pirat.

Foto: REUTERS/Fabian Bimmer

Zuletzt hatten die deutschen Piraten so manchen Erfolg bei Landtagswahlen feiern dürfen, doch sie wissen es wohl selbst am besten: Die Ergebnisse wiesen zumeist eher auf die Unzufriedenheit der Wähler mit den Traditionsparteien hin als auf die Begeisterung für das eigene politische Profil.

Durch Konflikte über Ausrichtung, Methoden und Finanzgebarung intern stark mitgenommen, wählten sie am Wochenende einen neuen Vorstand, um zur Einheit zu finden. Erkoren wurde mit Zweidrittelmehrheit Bernd Schlömer: Von der Papierform her eine Überraschung, entspricht er doch als leitender Beamter im Verteidigungsministerium wohl kaum dem Image eines Protestpolitikers.

Programmatischer Widerstand steht auch nicht zuoberst auf der Agenda des 41-Jährigen aus Niedersachsen: "Es ist eine Aufgabe des Bundesvorsitzenden, dass er binden kann, um die unterschiedlichen Strömungen der Piratenpartei auszugleichen und zu einem gemeinsamen Ergebnis zu finden." An dieser Aufgabe war Schlömers Vorgänger, der Informatiker Sebastian Nerz, nach nur einem Jahr an der Spitze gescheitert. Doch Schlömer traue man zu, "den Kahn lenken zu können", sagte der Berliner Pirat Christopher Lauer nach der Wahl.

Schlömer, der mit Frau und zwei Kindern in Hamburg lebt, nach Berlin pendelt und sonst sein Privatleben aus der Öffentlichkeit heraushalten will ("Es geht mir gut, und ich bin glücklich"), hat sich bei den Piraten schon bisher als Problemlöser bewährt: Als er 2009 Schatzmeister wurde, fand er nach eigenen Angaben statt einer Parteikasse "nur eine Kiste mit Zetteln" vor: Viele Belege hätten wohl niemals existiert, erklärte er und titulierte die Finanzgebarung seiner Vorgänger als "sehr leichtfertig".

Die nächste Aufgabe ist für den studierten Soziologen noch um Einiges heikler: Er muss eine sehr heterogene, teils heftig zerstrittene Gruppe einen und ihr eine gangbare Richtung vorgeben. Problematisch sind auch die in der Öffentlichkeit zuletzt entstandenen Zweifel an der Abgrenzung der Piraten zum Rechtsextremismus.

Vor solchen Problemen nimmt sich Schlömers Beantwortung der Frage einer künftigen Regierungsbeteiligung einfach aus: "Wenn uns der Einzug in den Bundestag 2013 tatsächlich gelingt, werden wir uns mit dem Thema Koalitionsfähigkeit ernsthaft beschäftigen. Bis dahin müssen noch zahlreiche Landtagswahlen bestritten, tausende Plakate geklebt und Infostände besetzt werden." (Gianluca Wallisch, DER STANDARD, 30.4.2012)