London - Wie sehr Teenager dazu neigen, mit Drogen zu experimentieren, hängt auch von ihrer Fähigkeit zur Impulskontrolle ab, schreibt ein Forscherteam im Fachjournal "Nature Neuroscience". Das internationale Team um Robert Whelan und Hugh Garavan von der University of Vermont (USA) hatte dazu von knapp 1.900 14-Jährigen Aufnahmen des Gehirns angefertigt.

Die Bilder wurden mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) während einer Versuchsreihe aufgezeichnet: Die Burschen und Mädchen wurden gebeten, bei einem Test einen Knopf zu drücken. In einigen Fällen mussten die Teenager die Bewegung in letzter Sekunde stoppen - Menschen mit guter Impulskontrolle gelingt dies besser. Die Forscher hatten zudem abgefragt, ob und welche Drogen die Jugendlichen bereits konsumiert hatten. Einbezogen wurden auch genetische Analysen.

Die Stelle, auf die es ankommt

Eine Schlüsselerkenntnis: Eine verminderte Aktivität in einem neuronalen Netzwerk, zu dem der Orbitofrontale Cortex gehört, ist assoziiert mit der Experimentierfreudigkeit bei Alkohol, Zigaretten und illegalen Drogen. Das Netzwerk funktioniere bei einigen Kindern nicht so gut wie bei anderen, das mache diese impulsiver, wird Whelan in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Der Orbitofrontale Cortex als Bereich des präfrontalen Cortex ist ein Teil des Frontallappens der Großhirnrinde und wird schon lange mit mangelnder Impulskontrolle und Drogenmissbrauchsverhalten in Verbindung gebracht. Zahlreiche Studien belegen den Zusammenhang.

Die aktuelle Untersuchung zeigte auch, dass bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) andere Netzwerke involviert sind. Anders als bisher angenommen würden der Hang zum Drogenkonsum und ADHS - obwohl beide mit mangelnder Impulskontrolle in Verbindung stehen - wohl nicht komplett über die selben, sondern verschiedene Steuerkreise reguliert. ADHS sei somit auch nicht unbedingt ein Zeichen für ein höheres Risiko eines Kindes, Drogen auszuprobieren.

Hintergrund

Die Studie wurde von der Europäischen Union finanziell unterstützt, sie ist Teil des Analyse-Projekts "Imagen", bei dem europäische Wissenschafter Daten von 2.000 Jugendlichen aus Irland, Frankreich, England und Deutschland über Jahre erfassen und auswerten. An der aktuell präsentierten Studie waren Forscher aus Hamburg, Berlin, Heidelberg und Dresden beteiligt. (APA/red, derStandard.at, 30.4.2012)