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Ben Bernanke wird am Donnerstag dem US-Kongress Rede und Antwort zu Konjunkturentwicklung und Co. stellen.

Foto: AP/Applewhite Scott

New York - Die Anhörung von US-Notenbankchef Ben Bernanke vor einem Ausschuss des Kongresses wird in der neuen Woche wohl die Wall Street am stärksten beschäftigen. Börsianer erhoffen sich von seinem Auftritt am Donnerstag Hinweise auf den Zustand der Konjunktur. Nach den katastrophalen Arbeitsmarktdaten am Freitag sei es möglich, dass die Federal Reserve weitere Stützungsmaßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft ankündige, sagte Tom Porcelli von RBC Capital Markets in New York. "Der einzige Grund, den die Fed vom Handeln abhielt, war der Aktienmarkt. Nun aber geht es dort bergab. Die Börsen fallen und das war die letzte Hürde für die Fed. Alle anderen Kriterien für ein Eingreifen der Fed sind bereits erfüllt", fügte Porcelli hinzu.

US-Arbeitsmarkt unerwartet schlecht

Der US-Arbeitsmarkt entwickelte sich unerwartet schlecht und schürte damit Sorgen vor einer Abschwächung der globalen Konjunktur. In der weltgrößten Volkswirtschaft entstanden im Mai nur 69.000 neue Jobs und damit so wenig wie seit einem Jahr nicht mehr. Experten hatten im Schnitt mit 150.000 gerechnet. Zudem schuf die US-Wirtschaft schon im März und April knapp 50.000 Stellen weniger als zunächst angenommen. Die Arbeitslosenquote stieg im Mai auf 8,2 von 8,1 Prozent.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss am Freitag nur knapp über seinem Tagestief mit einem Abschlag von 2,2 Prozent bei 12.118 Punkten. Er liegt damit nun auch im Kalenderjahr im negativen Terrain. Der breiter gefasste S&P-500 gab 2,5 Prozent nach auf 1278 Zähler. Für den Index war es der höchste Tagesverlust seit dem 9. November. Der Index der technologielastigen Nasdaq verlor 2,8 Prozent auf 2747 Stellen. In der vergangenen Woche ging es damit für den Dow insgesamt um 2,7 Prozent bergab, für den S&P um drei und die Nasdaq um 3,2 Prozent. Viele Anleger scheinen also der alten Börsenweisheit "Sell in May - and go away" gefolgt sein.

Dämpfendes China

Überraschend schwache Konjunkturdaten aus den USA, China und Europa schürten zuletzt Sorgen vor einem weltweiten Wirtschaftsabschwung. Auch in China erlitt die Industrie einen kräftigen Dämpfer. In Europa sank der Einkaufsmanager-Index für die Euro-Zone und auch die Sorgen über das spanische Bankensystem hielten sich. Das nächste Treffen des Offenmarktausschusses der Fed findet vom 19. bis 20. Juni statt. In einer Reuters-Umfrage rechnen 35 Prozent der befragten Händler mit einer Verlängerung der "Operation Twist". Dabei handelt es sich um eine Umschichtung des Anleiheportfolios, bei der kurzfristige durch langfristige Anleihen ersetzt werden. Durch diesen Schritt könnte die Fed die langfristigen Zinsen drücken und so die Wirtschaft ankurbeln. Das Programm läuft im Juni aus. Eine quantitative Lockerung (QE3) durch Anleihenkäufe halten nun 50 Prozent der Befragten für wahrscheinlich nach zuvor nur 33 Prozent.

Neben der Zentralbank behalten die Investoren auch die Konjunkturdaten im Blick. In den USA gibt der ISM-Index für den Dienstleistungssektor (Dienstag) neue Hinweise über die Entwicklung der weltgrößten Volkswirtschaft. Er dürfte im Mai deutlich über 50 Punkte liegen und damit zeigen, dass der Dienstleistungssektor eine Stütze der US-Konjunktur bleibe, prognostizierte ein Banker.

Mit Spannung wird auch die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch erwartet. Experten erhoffen sich von den Konjunktur-Prognosen der Notenbank-Mitarbeiter auch Hinweise darauf, ob und wann die Währungshüter die Geldpolitik lockern werden. Im Juni selbst erwarten die Experten allerdings noch keine Senkung der Zinsen. (APA, 3.6.2012)