Kairo  - Die neue Krise im Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und Ägypten, die in den vergangenen Tagen zur Schließung der jeweiligen Botschaften geführt hat, lähmt die Arbeit der Arabischen Liga. Generalsekretär Nabil Elaraby (al-Arabi) appellierte am Sonntag an die "Einsicht" und "Weisheit" der Führungen in Riad und Kairo und verwies zugleich auf die strategische Bedeutung der Beziehungen zwischen den beiden Mächten. Ausgelöst wurde der Konflikt durch die Inhaftierung eines ägyptischen Menschenrechtsanwalts in Saudi-Arabien.

Ägyptens Muslimbruderschaft als stärkste politische Kraft des Landes bekannte sich in einem am Sonntag in Kairo veröffentlichten Kommuniqué zur Verteidigung der "Würde" ägyptischer Staatsbürger in anderen arabischen Staaten. Die saudiarabische Regierung hatte ihre diplomatische Vertretung in Ägypten geschlossen und den Botschafter zurückgerufen, nachdem es vor dem Botschaftsgebäude in Kairo und vor den Konsulaten in mehreren ägyptischen Städten zu Ausschreitungen und wütenden Protesten gegen die Festnahme des Juristen und Menschenrechtsaktivisten Ahmed al-Ghizawi gekommen war, der eine Klage gegen das Regime von König Abdullah vorbereitet haben soll.

Reformanhänger werden als Terrorverdächtige eingestuft

Nach Erkenntnissen der Menschenrechts- und Gefangenenhilfe-Organisation Amnesty International geht die Königsdiktatur in Saudi-Arabien rigoros gegen Anhänger des "Arabischen Frühlings" vor, die demokratische Reformen verlangen. Die zur Anwendung kommenden Praktiken liefen darauf hinaus, Reformanhänger generell mit Terrorverdächtigen gleichzusetzen. Tausende Personen befänden sich in Haft, Folter und Misshandlungen seien allgegenwärtig. Insbesondere Angehörige der schiitischen Minderheit seien Verfolgungen durch die königlichen Behörden ausgesetzt.

Als die Massenproteste in Tunesien und Ägypten im Vorjahr die dortigen Despoten stürzten, hatten Behörden und Geistlichkeit in Saudi-Arabien die Bürger massiv unter Druck zu setzen versucht. Der Großmufti von Saudi-Arabien, Abdel Aziz al-Sheikh, hatte die Volksaufstände in arabischen Ländern als von "Feinden des Islam gesteuerte chaotische Aktionen" verurteilt, deren Ziel es sei, "die muslimische Welt zu spalten". Die "Feinde des Islam und ihre Knechte" stifteten zur Revolte an, um "die muslimische Nation im Herz zu treffen und sie zu spalten", war der höchste geistliche Würdenträger des Königreichs zitiert worden. Saudi-Arabien hatte im März 2011 Soldaten in den Golfstaat Bahrain geschickt, um die Proteste der dortigen schiitischen Mehrheitsbevölkerung gegen die sunnitische Königsherrschaft niederzuschlagen.

Die Arabische Liga ist ein seit 1945 bestehender Zusammenschluss von ursprünglich sieben und heute 22 Staaten, einschließlich des 1988 von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ausgerufenen Staates Palästina. Die PLO als solche war bereits 1976 Vollmitglied der Liga geworden. Zu den Gründungsmitgliedern Ägypten, Irak, Jemen, Jordanien, Libanon, Saudi-Arabien und Syrien kamen nach ihrer Unabhängigkeit Algerien, Sudan, Libyen, Marokko, Tunesien, Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Mauretanien, Somalia, Dschibuti (Djibouti) und die Komoren hinzu. (APA, 30.4.2012)