Kopenhagen - In Dänemark muss sich erstmals ein Offizier wegen tödlichen Schüssen auf eine Gruppe Zivilisten in Afghanistan vor einem Militärgericht verantworten. Die Militärankläger werfen dem Soldaten der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF vor, den Feuerbefehl schwer fahrlässig erteilt zu haben, ohne sich davor im militärischen Sinn ausreichend zu versichern, dass er tatsächlich Feinde vor sich hatte. Dafür droht ihm eine Gefängnisstrafe.

Der Zwischenfall ereignete sich im Oktober vergangenen Jahres. Der Kompaniechef hatte befohlen, eine offensichtlich unbewaffnete Gruppe von vier Personen mit einem Maschinengewehr zu beschießen und überdies einen britischen Helikopter angefordert, um die Afghanen mit einer Rakete zu beschießen. Bei dem Feuerangriff wurde ein Zivilist getötet und drei verletzt. Laut einem Online-Bericht der Kopenhagener Tageszeitung "Politiken" glaubten die Dänen, eine Gruppe von Bombenlegern vor sich zu haben.

"Kein schießwütiger Idiot"

Der Anwalt des angeklagten Soldaten, Torben Koch, sagte gegenüber dem Blatt, sein Klient sei kein "schießwütiger Idiot" sondern habe sich vor dem Feuerbefehl sowohl mit einem Aufklärungsoffizier und einem Juristen besprochen. Außerdem habe der Oberkommandant der dänischen Afghanistantruppe, der bei dem Konferenz-Funkgespräch dabei war, nicht auf den Feuerbefehl reagiert. Daher müssten im Falle eines Schuldspruchs gegen den Kompaniechef auch die anderen Offiziere zur Verantwortung gezogen werden.

Dänische Soldaten sind seit Beginn des Afghanistan-Krieges im Jahr 2001 an den Operationen der USA und ihrer Verbündeten beteiligt. Mit rund 40 Gefallenen musste das skandinavische Land relativ gesehen bisher den höchsten Blutzoll aller in Afghanistan engagierten westlichen Armeen verzeichnen. (APA, 30.4.2012)