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Gedenkveranstaltung anlässlich des Jahrestages der Befreiung des KZ Mauthausen.

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Nationalratspäsidentin Barbara Prammer.

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Bundespräsident Heinz Fischer.

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Wien - Den Opfern der NS-Euthanasie war am Freitag die alljährliche Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen vor 67 Jahren gewidmet. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) mahnte in ihrer Rede im Parlament, Menschen mit Behinderung zu einem selbstverständlich geachteten und respektierten Teil der Gesellschaft machen. "Integration alleine ist zu wenig." Bundesratspräsident Gregor Hammerl (ÖVP) warnte vor einem unbemerkten "Abgleiten" in die Menschenverachtung, wenn man die Menschenrechte nicht achte.

Die tägliche Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen sei noch weit von einer tatsächlichen Gleichstellung entfernt, so Prammer. Nach wie vor hätten diese Menschen weniger Zugang zu Bildung, würden öfter in belastenden Wohnverhältnissen leben, seien wiederholt arbeitslos und würden über ein geringeres Einkommen verfügen. "Die Armutsgefährdungsquote von Menschen mit Behinderungen ist fast doppelt so hoch wie jene von nicht behinderten", sagte Prammer, die "große Hoffnungen" in den Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen setzt.

Prammer gegen Leistungsbegriff

Die Nationalratspräsidentin forderte auch einen sensiblen Umgang mit dem Begriff Leistung. Diese ausschließlich in absoluten Zahlen oder Werten zu messen stoße unweigerlich an die Grenze der Menschenrechte. Es gebe unzählige Beispiele für Leistung in unterschiedlichsten Formen. "Nie jedoch darf Leistung über den Wert von Leben entscheiden." Zuletzt erinnerte Prammer an die "Verantwortung aus unserer Geschichte, die wir nicht selektiv wahrnehmen dürfen, sondern in ihrer Ganzheit akzeptieren müssen".

"Es stellt sich nun die Frage, ob wir nicht mit unserer heutigen Diskussion über Euthanasie den damaligen Opfern Unrecht tun, weil wir die Begriffe nicht mehr unterscheiden können", meinte Hammerl in seiner Rede. Was oft - "wenn auch in sehr problematischer Weise" - auf ein würdiges Sterben bezogen werde, sei damals "das Verbrechen der Beraubung der Würde im und mit dem Sterben" gewesen. Der Bundesratspräsident würdigte dahingehend die Hospizbewegung, deren Engagement "gerade auch in dieser Stunde erwähnt und ermutigt werden" sollte.

Systematische Tötung von Behinderten

Brigitte Bailer, wissenschaftliche Leiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, erinnerte wie ihre Vorredner an die "rassenhygienische Selektion" und die systematische Tötung von Behinderten im NS-Regime. Sie rief die Vorgänge in den NS-Euthanasie-Zentren Am Steinhof in Erinnerung sowie die Rolle des NS-Arztes Heinrich Gross, der dennoch seine "wissenschaftliche Karriere" habe fortsetzen können. Die stellvertretende Obfrau des Vereins Schloss Hartheim, Brigitte Kepplinger, beleuchtete die systematischen Verbrechen an diesem Ort.

Zur traditionellen Gedenkveranstaltung hatten sich neben Vertretern der Bundesregierung mit Kanzler Werner Faymann (SPÖ) an der Spitze auch Bundespräsident Heinz Fischer, Vertreter der Religionsgemeinschaften - darunter der neue Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch - sowie Parlamentarier aller Parteien im historischen Sitzungssaal des Hohen Hauses eingefunden. Der Schauspieler Tobias Moretti las zwischen den Ansprachen aus Originaldokumenten zu Hartheim und Steinhof. (APA, 4.5.2012)